Wann bist du Unternehmer und was braucht es, ein Unternehmen aufzubauen und zu führen?
Als mir vor Kurzem eine Freundin die Frage stellte, was man als Unternehmer an persönlichen und fachlichen Qualitäten braucht, bemerkte ich, dass es mir gar nicht so leicht fiel, diese Frage Ad-hoc zu beantworten.
Ich hatte mir selbst schon einige Wochen zuvor die Frage gestellt, wann man eigentlich ein echter Unternehmer ist und was es genau dafür braucht.
Im Duden finden wir folgende Definition für Unternehmer:
Eigentümer bzw. Eigentümerin eines Unternehmens
Hm, das ist natürlich wenig hilfreich, da es meiner Ansicht nach nichts aussagt, ob man eine Entität besitzt oder nicht. Was ist mit Einzelunternehmern und Freelancers? Sind sie auch Unternehmer, oder nicht?!
Ok, ich habe etwas recherchiert und fand auch diese Definition aus steuerlicher Sicht.
Nach den Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers.
Quelle: Steuertipps.de
Ich stelle fest, dass allgemeine Definitionen der Begrifflichkeit nur bedingt weiterhelfen und nicht den Kern der Frage beantworten können. Ich muss präzisieren.
Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes spielt es keine Rolle, ob der Unternehmer innovativ, motiviert und in der Lage ist, sein Unternehmen voranzutreiben und stetig weiterzuentwickeln. Auch eine Person, die über Jahrzehnte monatlich konstant denselben Umsatz macht und damit vielleicht gerade so seine Lebensunterhaltskosten bestreiten kann, ist nach dieser Definition ein Unternehmer, solange die Tätigkeit selbstständig ausgeführt wird. Klar, aus Sicht der staatlichen Steuereintreiber ist es auch irrelevant, ob sich ein Unternehmer verwirklicht und weiterentwickelt, solange ihre unstillbare Gier nach ihrem Anteil befriedigt wird. Aber dieses Thema möchte ich heute gar nicht erst eröffnen.
Was ich eigentlich meine ist: Wann ist man ein erfolgreicher oder guter Unternehmer? Mir ist klar, dass es der Begriff Erfolg erfordert, genauer hinzuschauen, was genau gemeint ist. Aber auch wenn Menschen mit ihrem Unternehmen unterschiedliche Ziele verfolgen und Erfolg unterschiedlich deuten, gibt es einige Gemeinsamkeiten.
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass meine unternehmerischen Vorhaben immer dann erfolgreich waren, wenn ich die Dinge mit voller Überzeugung und Leidenschaft tat. Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Erfolg war aber auch, dass ich mich voll und ganz auf die Unternehmung einlassen konnte. Hier gilt meiner Ansicht nach der Leitsatz der UNIX-Philosophie (Ken Thompson):
Do One Thing and Do It Well.
Im Grunde hat das auch schon Sokrates erkannt:
...jeder Mensch kann nur eine Sache gut machen. Er kann nicht viele Dinge tun. Wenn er es versucht, wird er ein Tausendsassa sein und kein Meister.
Mit anderen Worten bedeutet dies vor allem, dass man unbedingt bereit sein muss, sich auf sein Vorhaben/ Unternehmen voll und ganz einzulassen. Es ist eben etwas vollkommen anderes als ein Job. Die Energie ist darauf ausgerichtet, den eigenen Traum zur Realität werden zu lassen. Das erfordert eine starke Fokussierung. Im Regelfall sollte dies nicht schwerfallen, wenn das Vorhaben von Leidenschaft getrieben ist.
Ich denke, dass sich echte Unternehmer vor allem dadurch auszeichnen, dass sie ein besonders kreatives Denkvermögen besitzen. Kreativität ist quasi der Inbegriff des Unternehmergeistes. Ohne Kreativität und Leidenschaft kannst du kein Unternehmer sein. Das sind die Grundlagen.
Deswegen habe ich auch so meine Probleme mit diesen zwielichtigen Agenturen, die seit einigen Jahren wie giftige Pilze aus dem Boden schießen, die den hilflosen oder angehenden Unternehmern ihre Dienste anbieten, indem sie ihnen für utopische Summen zeigen wollen, welchen unkreativen Weg sie gehen müssen, um erfolgreich zu sein. Ihr "erfolgreich” beschränkt sich allerdings nur auf einen einzigen Aspekt, nämlich den finanziellen. Getrieben von der Gier nach viel Geld und der Aussicht, dies mit wenig Aufwand zu erhalten, gehen diesen uniformen Konzepten immer wieder Menschen auf den Leim. Die Blaupause dieser Methodik ist immer wieder gleich: Es geht nur darum, dem potenziellen Kunden ein Problem in den Bauch zu reden, ihnen dann die angeblich maßgeschneiderte Lösung anzubieten, die in Wirklichkeit nur vom Fließband kommt, aber als die ultimative, erprobte “Meine XYZ 0815”- Methode angepriesen wird und dafür vorab einen unverhältnismäßig hohen Preis zu kassieren. Natürlich ohne Garantie. Es ist nichts anderes, als mit der Hoffnung des Konsumenten auf Erfolg zu spielen.
Diese Muster vermitteln nichts über die Grundwerte eines echten Unternehmers, sondern lassen Heerscharen im Gleichschritt dasselbe tun. Dabei muss es zwingend eine Kernkompetenz eines erfolgreichen Unternehmers sein, selbst kreativ in der Findung neuer Lösungsansätze für altbekannte Probleme zu sein. Ein wiederverwendbares Muster, was Tausende andere genau so verwenden, ist leicht erkennbar das exakte Gegenteil.
Eine Bekannte von mir, die quasi über Nacht vom Lebenscoach zum Unternehmenscoach wurde, obwohl sie selbst nie ein Unternehmen führte, aber eben sehr gut von ihrer dubiosen Lehrmeistern adaptierte, brachte schon mehrfach die Unsinnigkeit der aktuell kursierenden “Ich mache jeden zum Unternehmer”- Anleitungen auf den Höhepunkt. Sie prägte immer wieder voller Inbrunst den überheblichen Satz: “Wer weniger als 10.000 Euro Umsatz pro Monat macht, hat kein Business, sondern macht es nur als Hobby.”
Ah ja! Was für eine unsinnige Aussage, wenn man bedenkt, dass man eben aus dem Umsatz allein gar keine Aussage über den finanziellen Erfolg eines Unternehmens ableiten kann. Ein IT-Freelancer hat möglicherweise bei 10.000€ Umsatz einen Gewinn von 9.500€ vor Steuer. Aber ein Gastronom oder das produzierende Gewerbe wohl kaum.
Natürlich ist Geld ein wichtiger Aspekt für ein Unternehmen. Aber es ist nicht der Einzige. Wenn du beharrlich hervorragende Arbeit ablieferst und dies mit Leidenschaft tust, dann kommt der finanzielle Erfolg mit Nachhaltigkeit von ganz alleine. So zumindest meine persönliche Erfahrung. Alles, was ich aus voller Überzeugung mit Leidenschaft, vollem Fokus und Beharrlichkeit angegangen bin, führte früher oder später zum Erfolg; auch zum finanziellen.
Ich finde es auch sehr wichtig, dass Unternehmer, die bereit sind, ein hohes Risiko auf sich zu nehmen, am Ende deutlich mehr ernten als Angestellte, die quasi überhaupt kein Risiko haben. Viel lieber vergleiche ich dies allerdings mit Politikern, die bekanntermaßen sechsstellige Jahresgehälter kassieren, ohne sich am Ende für ihre vielen Fehlentscheidungen verantworten zu müssen. Sie schämen sich keineswegs dafür. Leider treffe ich immer wieder Unternehmer, die sich für ihren hohen Gewinn rechtfertigen wollen. Diese unnötige Bescheidenheit sollte unbedingt abgelegt werden, denn wer eigenverantwortlich volles Risiko geht und sich für alles selbst verantworten muss, der kann und muss erhobenen Hauptes und voller Stolz gerne ein Vielfaches eines Regierungspolitikergehaltes einnehmen. Alles andere halte ich für ungerecht.
Begriffe wie „unmöglich“ oder „nie“ gehören nicht zum Wortschatz eines Unternehmers. Hältst du die meisten Dinge für undenkbar oder unmöglich, dann bist vielleicht nicht als Unternehmer gemacht. Unternehmer gehen Risiken kalkuliert ein und suchen stets nach neuen Wegen, die dann nicht selten der Schlüssel zum Erfolg sind.
Ein erfolgreicher Unternehmer verfügt über ein gutes Netzwerk, denn das ist notwendig, um Ziele zu erreichen. Keiner kann alles selbst tun oder weiß alles. Deswegen besteht die Kunst darin, zu wissen, wer zuverlässig unterstützen kann. Damit wird es möglich, Mittel und Wege zu finden, um Ideen zum Leben zu erwecken. Das bedeutet auch, sich nicht zu scheuen, Aufgaben zu delegieren und damit den Fokus auf das Wesentliche richten zu können.
Unternehmer sind sich auch bewusst, dass nicht immer alles rund laufen wird. Misserfolge gehören dazu, um erfolgreich zu werden. Die Kraft, Niederlagen und Rückschlägen zu trotzen, ist eine unabdingbare Eigenschaft erfolgreicher Menschen.
Ich betone nochmals, dass Geld ein sehr wichtiger Aspekt für einen erfolgreichen, guten Unternehmer ist, aber nicht der initiale Treiber fürs Business sein darf. Gute Unternehmer reinvestieren die Einnahmen gerne wieder in die nächste neue Idee, um sich weiterhin zu verwirklichen.
Es ist also nicht die Intention eines Unternehmers, einen Weg zu finden, um einmal schnell Geld zu machen und dann mit dem geringsten Aufwand nur noch weiter zu kassieren. Es ist eher der unstillbare Drang, stetig Neues zu entdecken und unaufhörlich zu lernen. Das geht nicht, wenn das Ziel ausschließlich darin besteht, nur noch wenig zu tun und nach viel Freizeit zu lechzen. Das ist die Denkweise von abhängig Beschäftigten, aber nicht die der Kreativen und derjenigen, die immer wieder neue Herausforderungen suchen. Arbeit als etwas Notwendiges zu sehen, was ja irgendwie gemacht werden muss, ist ein Indiz dafür, dass man wahrscheinlich nicht das Richtige tut und schon gar nicht im Sinne eines echten Unternehmers mit Fokus und Leidenschaft wirkt. Dann kommt man nämlich gar nicht erst auf die absurde Idee, dass Leben in Arbeit und Freizeit zu teilen.
Eine spannende Frage. Als Unternehmer denke ich auch mal nach, was mir einfällt. Oder bin ich überhaupt Unternehmer?
Ohne Blick in Duden oder Wikipedia definiere ich mal:
Unternehmer: Jemand der wirtschaftlich selbstständig agiert. Er ist nicht angestellt. Allerdings: Dann wäre ja jeder Selbstständige Unternehmer. Das fände ich aber zu undifferenziert. Insofern gehört für mich noch dazu: Unternehmer ist, wer selbstständig ist und (!) Angestellte hat. Die Unternehmensform - GbR oder GmbH usw. - ist dafür unerheblich. Wer keine Angestellten hat, ist lediglich selbstständig.
Insofern: Hat deine Freundin wirklich nach Qualitäten für Unternehmertum gefragt oder nur für die Selbstständigkeit?
Und was ist Erfolg? Im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit ist Erfolg sicherlich eine positive finanzielle Bilanz. Auf welchen Zeithorizont man die rechnet, ist jedem selbst überlassen. Aber langläufig würde ich mal annehmen, dass von Erfolg eigentlich nur bei einer einer mehrjährigen Existenz gesprochen werden kann. (Wer im ersten Jahr viel verdient und im zweiten Pleite ist, ohne das gewollt zu haben, ist nicht erfolgreich gewesen.)
Was braucht es für persönliche und fachliche Qualitäten? Den Willen zum Risiko inkl. Bewusstsein der Selbstverantwortung sehe ich da auch ganz oben auf der Liste. Wenn es wirklich ums Unternehmertum geht, dann auch noch den Willen zur Übernahme von Verantwortung für abhängig Beschäftigte. (Den habe ich zum Beispiel nicht. Deshalb bin ich nur selbstständig und nicht (mehr) Unternehmer.)
Was darüber hinaus? Fokus. Ja, den auch. Weil da ja keiner ist, der einem aufs Erfolgspferd hilft, braucht es Durchhaltevermögen. Je klarer ist, wofür das aufgewandt werden soll, desto besser. Selbstständigkeit ist nichts für Nebenbei - außer sie ist wirklich ein Hobby.
Außerdem noch eine gewisse Breite im Grundverständnis von Verkauf, Marketing, Steuern.
Und wie wäre es mit einem Interesse/Gespür für den Markt? Wer selbstständig ist (gar Unternehmer), der ist verantwortlich für Werte, Vision, Mission, Ziele, Strategie.
Auch eine gewisse Bescheidenheit finde ich angebracht. Wer bescheiden ist, kann Durststrecken länger durchstehen. Arroganz und Gier sind dem Erfolg abträglich.
Schließlich: Verlässlichkeit. Ja, ich glaube, dass Verlässlichkeit eine Tugend ist für alle Selbstständige. Sie sollten sie selbst liefern und von anderen einfordern. Verlässlichkeit ist die Grundlage für Vertrauen. Und Vertrauen ermöglicht höhere Effizienz. Wer würde die nicht mögen? ;-)