Gesellschaftsingenieure brauchen Konsens
“In science consensus is irrelevant. The greatest scientists in history are great precisely because they broke with the consensus. There is no such thing as consensus science. If it’s consensus, it isn’t science. If it’s science, it isn’t consensus.”, Michael Crichton
Diese zentrale Eigenschaft von Wissenschaft ist in Corona-Zeiten völlig in Vergessenheit geraten: sie ist keine Konsensmaschine, sondern lebt vom Dissens. Wissenschaft ist zu Ende, sobald ein Konsens erreicht wurde.
Natürlich soll Wissenschaft die Welt ergründen, also etwas über sie in Erfahrung bringen, was wir vorher nicht wussten. Und das soll auch Stabilität haben, so dass wir darauf aufbauen können und weiterkommen. Erst, wenn der Dissens unter eine gewisse Schwelle gesunken ist, können Ingenieure wissenschaftliche Ergebnisse verlässlich anfangen zu verwerten.
Doch in diesem Übergang von Wissenschaft zu Ingenieurskunst steckt eben das Ende der Wissenschaft. Wo die Meinungsdifferenzen marginal werden, verliert Wissenschaft das Interesse.
Für Wissenschaftler ist Dissens normal. Darin baden sie. Begründeter Dissens enthält immer die Chance auf Erkenntnisgewinn und wissenschaftlichen Fortschritt.
Für Nichtwissenschaftler ist Dissens hingegen schwer auszuhalten. Im Dissens ist die Welt im Nebel. Das Fortkommen darin kann nur langsam sein. Was erreicht wurde, steht angesichts von Unklarheit in Gefahr, auch wieder verloren zu gehen. Eine unschöne Aussicht.
Warum wurde der natürliche Dissens der Wissenschaft in der Corona-Pandemie von Medien und Regierung und auch scheinbaren Wissenschaftlern geleugnet? Weil mit Wissenschaft nichts entwickelt werden kann. Wissenschaft findet heraus, was ist. Politik jedoch will nicht wissen, was ist, sondern will etwas Neues schaffen. Politik ist insofern dem Ingenieurwesen verwandt. Politiker sind “Gesellschaftsingenieure”: Sie haben ein Bild davon, wie eine Gesellschaft sein soll. Wenn sie diesen Wunschzustand nicht allein herstellen können und von der Mithilfe der Gesellschaft abhängig sind, dann ist es nur folgerichtig, der Gesellschaft eine Grundlage zu geben, wie sie für Ingenieurprojekte Voraussetzung ist. Dazu gehört, dass die Wissenschaft beendet ist, weil Konsens herrscht.
Wissenschaftler müssen als Zeugen aufgerufen werden, damit sie erklären, dass sie selbst keine Zweifel mehr haben. Sie sind am Ende, weil der Dissens aus der Welt geschafft wurde (wenn es denn je welchen gab). Nun möge die Politik auf der Basis des Konsenses übernehmen, den die Wissenschaft zurücklässt, um sich anderen Dingen zuzuwenden.
Die Wissenschaft ist ohne Konsens. Aber die gewählten und nicht gewählten “Gesellschaftsingenieure” brauchen den Konsens. Deshalb musste jeder Eindruck von Dissens aus der Welt geschafft werden durch Präsentation von Wissenschaftlern und Faktencheckern und Cancellations und Diskreditierung und Verbote von Dissensversammlungen auf der Straße.
Und so ist die Stärke der Leugnung von Dissens der Wissenschaft ein Zeichen dafür, wie groß der Bedarf an Kontrolle über die Ressourcen - human resources - ist, den “Gesellschaftsingenieure” haben. Je Verzweifelter sie sind, desto mehr Konsens muss vorgespiegelt werden.
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