So sieht es aus das neue Normal: Die Maske steigert die Attraktivität. Das berichtet Der Spiegel, das berichtet The Guardian. Die zitierte Studie sagt:
“While the present findings suggest that cloth masks enhance facial attractiveness, there appears to be an advantage to medical masks beyond this. […] the effect of the medical mask goes beyond just hiding undesirable features. It is possible that the additional advantage for medical masks comes from their associations with medical professionals.”
Spiegel und Guardian werden nicht müde zu betonen: Wer hätte das gedacht?
Ja, tatsächlich, wer hätte das gedacht? Ich hatte mir zwar schon 2020 Gedanken gemacht, dass Masken einen “Entwicklungsschub” des Menschen darstellen und deshalb zukünftig das Gesellschaftsbild mitprägen werden.
Doch einen so platten Effekt hatte selbst ich mir nicht ausgemalt.
Wird in Zukunft die Maske das Makeup schlagen? Werden Männer lieber die linke Frau in der Bar anbaggern als die mittlere? Und die rechte, die unmaskierte, die natürliche hat gar keine Chance mehr?
Ist das nächste Photoshop-Plugin eines, mit dem man eine Maske auf jedes Gesicht zaubern kann, um es für die Werbung attraktiver zu machen?
Wo sind bei dieser Studie eigentlich die Faktenchecker? Ist das Studienergebnis wirklich unzweifelhaft? Oder passt es nur ins Narrativ der Pandemie? Die Maske muss bleiben, um die kollektive Grundangst hoch zu halten. Nur mit Pflicht ist das schlecht auf Dauer zu erreichen. Also muss die Maske eine neue Funktion bekommen. Was könnte besser sein, als mit ihr den Wunsch des Menschen nach Attraktivität zu steigern?
Für mich ist die Studie ein Kandidat für den Ig Nobel Prize. Der wird verliehen für Studien, die die Welt eigentlich nicht braucht:
"A science award that makes you laugh, then think", TED Vortrag
Mich hat die Studie auch erst lachen lassen. Und nun denke ich drüber nach. Dass das Ergebnis wirklich relevant ist, glaube ich nicht, solange Attraktivität durch Befragung gemessen wird. Attraktivität hat einen evolutionären Zweck; sie löst also körperliche Reaktionen aus. Wir reagieren also unwillkürlich, wenn wir Attraktivität begegnen; vielleicht weiten sich die Pupillen, vielleicht ändert sich der Hautwiderstand oder die Herzfrequenz. Solange diese Werte nicht erhoben werden, halte ich es für möglich, gar wahrscheinlich, dass Probanden in ihrer Attraktivitätszuweisung eine Menge vermischen - was dann leicht in Linie mit dem Pandemie-Narrativ ausgelegt werden kann. Probanden sind ja nur Menschen. Sogar Forscher sind auch nur Menschen.
Wenn ich an Maskengesichter denke, dann denke ich nicht an Attraktivität. Im besten Fall denke ich, “Ein Glück, ich muss mich nicht mit anderer Leute Emotionen auseinandersetzen.” Dazu hier eine Impression:
Früher galt ja schon, dass man vorsichtig sein soll, mit wem man sich im Suff abends näher einlässt. Die Überraschung könnte am nächsten Morgen groß sein. Der Suff kaschiert halt so einiges. Man kann sich ein Gegenüber “schön trinken”.
Dann galt schon lange, dass man bei Menschen, die Booster benutzen, um ihre Attraktivität zu steigern - Makeup, Frisur, Kleidung -, vorsichtig sein sollte. Auch die werden im Alltag nicht mehr so wirken, wie es noch im Schummerlicht einer Party ausgesehen hat.
Und nun muss wohl gelten: Vorsicht vor der Maske! Auf die Maske kann man leicht hereinfallen. Noch mehr, als auf den Arztkittel. Wenn die Hüllen fallen - und dazu gehört die Maske -, dann könnte es eine unangenehme Überraschung geben.
Insofern: Am Ende wird der Evolutionäre Vorteil wohl doch bei denen liegen, denke ich, die sich nicht von einer Maske irreführen lassen. Die Maske erzeugt einen Schein, durch den man schlecht die wahre Person erkennen kann. Denn warum wird Maske getragen? Signalisiert sie das, was jemand sucht, z.B. Vertrauenswürdigkeit, Geschwisterschaft im Geiste? “Da ist ein Mensch, der Verantwortung übernimmt für sich und andere! Dem kann ich mich wirklich anvertrauen!”
Oder ist sie am Ende ein leichtes Mittel, um andere hinters Licht zu führen? Wenn es so einfach ist, attraktiver zu erscheinen, dann wird sie jeder aufsetzen, der dieses Bedürfnis hat, egal, wie sein Solidaritätsempfinden ist. Die Überraschung ist dann vorprogrammiert.
Also, wie ich es drehe und wende: An der Maske kann ich nichts, aber auch gar nichts Vorteilhaftes entdecken. Sie bleibt für mich unnatürlich, unnütz und lediglich ein erzwungenes Symbol, um einen Ausnahmezustand plausibel zu halten.
#gesellschaft #psychologie #corona