Klimaschutz beginnt vor den eigenen Füßen
Es sind immer die anderen. Die sollen schützen und retten. Aber Politiker, Unternehmen, NGOs werden nichts retten, weil in ihnen dieselben Menschen das Sagen haben, die auch U-Bahn fahren. Es sind ganz normale Menschen. Jedermänner. Und die tun… nichts. Nichts von sich aus. Wer nicht gezwungen wird, rührt sich nicht. So einfach ist das.
Eine simple Situation ist der Beleg:
Während 10 Minuten in der U-Bahn hat niemand der Ein- oder Aussteigenden dieses Croissant bewegt. Alle haben es gesehen und sind drumherum gestelzt. Niemand hat darauf getreten, niemand hat es zur Seite geschoben, niemand hat es in den Abfall getan. (Dass es in den Hamburger U-Bahn Waggons keine Abfallbehälter mehr gibt, hat die freiwillige Entsorgung sicher auch nicht befördert. Die Abwesenheit von Abfallbehältern ist eine Sparmaßnahme der Hamburger Hochbahn, keine erzieherische Maßnahme, um die Menschen zu bewegen, besser mit ihrem Müll umzugehen oder gar nicht erst welchen zu produzieren.)
Als ich ausgestiegen bin, habe ich das Croissant aufgehoben und draußen weggeworfen. Niemand sonst hat Anstalten gemacht. Diese Vermutung zu bestätigen, hatte mich veranlasst, erst am Ende meiner Fahrt selbst zu handeln, falls noch Bedarf bestand.
Demonstrationen für Klimaschutz oder gegen das Impfen sind keine Handlungen empfundener Verantwortung. Es sind massenhafte Forderungen an andere. “Die da oben” sollen etwas tun.
Auf einer Demonstration kann sich jeder aktiv fühlen. “Ich bekenne mich! Ich nehme mein Recht wahr, Veränderung zu fordern!” Ja, das kann man schon so machen… doch Forderungen stoßen immer auf Widerstand. Wer vom anderen fordert, wird nicht mit offenen Armen empfangen. Forderungen führen zu Ringen, zu Kampf. Und so kommt am Ende im besten Fall ein müder Kompromiss heraus. Und dann muss wieder und weiter gefordert werden. Die anderen müssen sich einfach mehr bewegen.
“Ist das mein Croissant? Nein. Was soll ich das also aufheben?” Und so bleibt es liegen. Es ist Müll, der wahrscheinlich unabsichtlich und sogar unbemerkt entstanden ist. Das ist misslich, aber passiert halt mal.
Eine Schande ist es hingegen, wenn sich anschließend niemand aufgerufen fühlt, diesem Missstand ganz, ganz einfach abzuhelfen. Man musste dafür keinen Umweg in Kauf nehmen und sich nicht schmutzig machen. Doch auch das war einem Dutzend Fahrgästen noch zu viel.
Das halte ich für symptomatisch: Niemand hat Mitverantwortung für den gemeinsamen Raum gefühlt, den eine U-Bahn darstellt. Und wenn das schon im überschaubaren Bereich vor den eigenen Füßen so ist, dann ist nicht zu erwarten, dass es besser wird, wenn der Platz größer ist und/oder ferner in Zeit oder Raum liegt.
Wir brauchen keine Klimademos. Wir brauchen keinen Naturschutz. Wir müssen nicht von anderen fordern, dass sie große reale oder überwältigende abstrakte Missstände abstellen.
Es reicht völlig, wenn wir bei uns selbst anfangen, achtsam mit uns und unserer unmittelbaren Umwelt umzugehen. Denn wenn wir unser Denken im Kleinen, in unserer unmittelbaren Umgebung auf Sorgsamkeit ausrichten… dann wird diese Haltung ausstrahlen auf die größeren und großen Dinge in unserem Leben.
Wer vor seinen Füßen Obacht gibt und ein “ästhetisches” Empfinden für Nachhaltigkeit und Natürlichkeit entwickelt, der wird auch als CEO eines Industriekonzern oder als Politiker in einer Regierung darauf bedacht sein, sorgsam mit allen Ressourcen umzugehen.