Wie sooft im Leben war es ein Satz, der mich zum Nachdenken brachte. Es war genau genommen nicht mal eine neue Erkenntnis, aber sie bestätigte mich, in dem wie ich dachte und fühlte.
Vor einiger Zeit schrieb Ralf in einem seiner Artikel sinngemäß, dass die Materialisierung von Geld zum Verlust der Flexibilität führt. Geld, was ich also ausgebe, um unbewegliche oder nur schwer bewegliche Gegenstände anzuschaffen, hindert mich daran, flexibel zu agieren. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich mit frei verfügbaren Finanzen frei bleibe, um mein Leben nach Belieben zu gestalten: ohne Bindungen und Abhängigkeiten. Diese Aussage triggerte mich also erneut, weiteren Ballast loszuwerden und meinen Weg in ein minimalistisches und damit ungebundenes Leben zu finden.
Willkommen
Als ich vor ein paar Tagen mit Ralf telefonierte, haben wir über die Entwicklung des Gedankenstromblogs in 2022 gesprochen und diskutiert, was wir im neuen Jahr anders und besser machen wollen. Zwar konnten wir eine stetig wachsende Leser- und Abonnentenzahl verzeichnen, wünschen uns aber unsere Reichweite deutlich zu erhöhen. Wenn dir also unsere Artikel gefallen, dann like sie bitte auch und teile sie. Lieben Dank dafür!
Nachdem wir in unserem Telefonate unterschiedliche Themen besprochen hatten, sind wir auf den Themenbereich Flexibilität, Unabhängigkeit und Minimalismus gestoßen. Ich erinnerte mich an den oben genannten Satz und schon waren wir in einer regen Diskussion zu diesem Thema. Wir erinnerten uns, dass wir vor einiger Zeit bereits auf meinem Blog schon mal einen schriftlichen Dialog zum Thema “Was ist Freiheit” führten, bei dem wir im wöchentlichen Wechsel dazu veröffentlichten und dabei auf den Text des jeweils anderen eingingen.
Der Dialog geht mit dem Themenkomplex Minimalismus in eine neue Runde. Herzlich willkommen!
Konsum
Ja, auch ich war wie wahrscheinlich fast jeder Mensch der westlichen Welt einst ein guter Konsument unnützer materieller Güter. Geblendet von der Lust mich immer mal für die vielen Stunden im Büro irgendwie zu belohnen und dem Wunsch Dinge zu besitzen, weil sie andere auch hatten. Heute sage ich mir: „Wie dumm war ich manchmal nur!“ Anders kann ich es nicht sagen. Nun, ich bin kein Typ, der dem Geld nachtrauert, was ich für sinnlose Gegenstände ausgegeben habe. Ich bin eher dankbar, dass irgendwann die Erkenntnis kam, dass ich tatsächlich nur wenige Dinge besitzen muss. Vielmehr ist es ein Problem, den materiellen Ballast, den ich als lästig empfinde, loszuwerden. Das ist ein Prozess: für mich auch kein einfacher.
Zwar war ich schon lange im Zwiespalt mit mir selbst, ob ich denn so viele Dinge besitzen muss, nur weil ich sie mir leisten konnte. Oftmals war es nur ein kurzer Moment, das Gefühl zu haben: „Weil ich es kann!“ und das ist vollkommen idiotisch.
Auf der anderen Seite können wir nicht mal etwas dafür, weil uns Konsum als der perfekte Lifestyle vorgelebt wird. Werbung, Radio, Fernsehen, Freunde und uns fremde Personen auf Social Media zeigen uns permanent, was wir alles brauchen könnten, um glücklich zu sein. Uns wird ständig gezeigt, dass nur der als erfolgreich und zufrieden gilt, der möglichst viel besitzt: natürlich am besten Luxus- und Markenprodukte. Wir sehen vor allem hochwertige Produkte von Markenherstellern als beständig an. Oft hörte ich schon den Satz: „Wenn du dies kaufst, kannst du es ein Leben lang haben.“ Ja, diese Aussage nicht einmal falsch. Und ich tappte oft genau in diese Falle.
Bezogen auf die Qualität hochwertiger Echtholzmöbel beispielsweise von Hülsta wird das zweifelsfrei so sein. Für den Mensch, dessen Wunsch es ist, sein gesamtes Leben am selben Ort, vielleicht im selben Haus, mit konstanten Bedürfnissen und Vorlieben zu verbringen, ist es die Erfüllung. Ich habe mich früher zu selten gefragt, ist dieses „Du wirst es ein Leben lang haben“ für mich überhaupt ein entscheidendes Kriterium. Heute weiß ich: Nein, ist es nicht! Zu oft wechseln meine Wünsche und meine Gedanken, aber auch die Vorstellung, wie ich leben möchte, um glücklich zu sein.
Nur eines bleibt konstant, nämlich das Verlangen nach Unabhängigkeit, Freiheit und Flexibilität.
Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten sind nicht per se etwas Negatives. Sie sind die Basis im Zusammenleben von Menschen. Allerdings habe ich schnell bemerkt, dass zu viele Verbindlichkeiten stressen können. Deswegen möchte ich gerne selbst entscheiden, wo und wann ich Verbindlichkeiten eingehe. Ich möchte nicht, dass andere Menschen eine Verbindlichkeit in ihre Vorstellung vom Leben hineindeuten und auf mich übertragen. Mir ist klar, dass auch System, Institutionen und Staat jedem Bürger Verbindlichkeiten aufzwingen. Mein Bild der Welt, in der wir leben, hat sich geändert. Vor wenigen Jahren glaubte ich noch, dass vieles in diesem System einfach so sein muss. Ich habe es hingenommen und die mir aufgezwungenen Verbindlichkeiten nicht mal als solche empfunden.
Nach meinem Empfinden sind wir als Menschen dieser Erde weder frei noch unabhängig. Wir werden in ein marodes, korruptes, verlogenes und scheinheiliges Konstrukt hineingeboren und können uns diesem nur schwer entziehen. Jeder, der den vorgegebenen Wegen folgt und ein Leben lang guter Staatsbürger ist, erfüllt einfach bedingungslos, die Verbindlichkeiten, die ihm aufgebürdet werden. Mit Verbindlichkeiten meine ich hier beispielsweise als selbstverständlich scheinende Dingen wie Schul- und Impfpflichten und später im Leben dem Zahlen von Steuern nachzukommen. Den meisten erscheint das als nicht so tragisch, weil sie nie wirklich darüber nachgedacht haben und es als Grundpfeiler des Erhalts von Rechtsstaat und Demokratie betrachten. So wie ich einst auch!
Die Ereignisse der letzten Jahre haben mir sehr deutlich gezeigt, dass mein Verlangen nach Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und einem freien, erfüllten Leben nicht mit den immer stärker werdenden Ideologien von Kollektivismus, einem übermächtigen Staat, von staatlich gesteuerten, ungerechten Umverteilungsmechanismen und Mainstreammedien mit ihrer nervigen und andauernden Verbreitung von pessimistischen Zukunftsszenarien bestehend aus Mangel und Notständen vereinbar ist.
Das ist der Grund, warum ich glaube, dass wir nach Wegen suchen sollten, die Verbindlichkeiten gegenüber dem System legal zumindest zu minimieren. Unser Schöpfer hat uns definitiv nicht erschaffen, damit wir gehorchen, uns unterordnen, brav Steuern zahlen und Rechnungen begleichen und damit ein vor Ungerechtigkeit und Boshaftigkeit strotzendes System erhalten.
Unabhängig von den systembedingten Verbindlichkeiten, die nicht immer ganz so einfach aufzuheben sind, erscheint es mir wichtig, die Anzahl der freiwillig eingegangenen Verbindlichkeiten zu reduzieren, um den höchstmöglichen Grad an Flexibilität zu erreichen. Jede Verbindlichkeit, die ich irgendwann eingegangen bin, muss ich gewissermaßen erfüllen. Habe ich mich beispielsweise, dafür entschieden, ein Haus zu kaufen, obwohl ich nicht über die entsprechende Liquidität verfüge und deswegen einen Kredit aufgenommen, bin ich über viele Jahre gebunden. Nicht nur an den Ort, sondern meist auch an den Job. Diese Situation zwingt mich dazu, gefällig zu werden und einen Großteil meines Lebens einfach nur zu funktionieren, um den Vertrag zu erfüllen. Kurzfristig gesehen, denke ich, sind solche Situationen durchaus machbar. Über 10 Jahre oder mehr bedeuten sie, zumindest nach meiner Denkweise, eine grausame, brutale Abhängigkeit sowie den Totalverlust von Flexibilität und Selbstbestimmung. Wie oben schon geschrieben, ist es nur eine der freiwillig gewählten Verbindlichkeiten, die zwangsläufig aber dazu führt, dass ich mich erst recht nicht mehr den staatlich aufgezwungenen entziehen kann.
Bleiben wir bei dem Beispiel Immobilien. In meinem Bekanntenkreis halten es nach wie vor viele für eine gute Option, um Vermögen aufzubauen. Ich halte es für ausgemachten Blödsinn, wenn nicht mindestens eine der folgenden beiden Voraussetzungen erfüllt ist.
Die erste könnte sein, dass ich mich festgelegt habe und mir sicher bin, mein Leben immer am selben Ort verbringen zu wollen und die Immobilie zumindest zum Großteil direkt bezahle, ohne mich in die Abhängigkeit von Banken begeben zu müssen.
Die zweite Voraussetzung ist, dass mein Business soviel Gewinn abwirft und ich beispielsweise über steuerbegünstigte Abschreibungen Steuern sparen kann.
Gerade im ersten Fall sehe ich aber die Gefahr, dass Immobilienbesitz transparent und unbeweglich ist. Kommt der Staat also auf die Idee, Sonderabgaben zu fordern, um Schäden, die durch seine eigene Unfähigkeit oder Korruption entstanden sind, zu kompensieren, kann der Immobilienbesitzer sich kaum herausziehen und wird mit Vermögensabgaben zur Kasse gebeten. Das gab es in Deutschland bereits schon einmal und es wird bald wieder passieren.
Unbeweglichkeit
In jedem Fall wird meine Liquidität mit Immobilienbesitz in ein unbewegliches, starres Gut gebunden, an das ich gerade in schlechten Zeiten nur schwer wieder herankomme. Es bedarf in jedem Fall Zeit und Nerven, einen Verkauf durchzuführen, um im Bedarfsfall wieder liquide zu werden. Immobilienbesitz ist in meinen Augen, sofern ich nicht über wirklich ausreichend Vermögen verfüge, das komplette Gegenteil von Spontanität.
Ich schildere hier natürlich nur meine persönliche Sichtweise. Auch ich stand schon ein paar Mal in meinem Leben vor der Entscheidung eine Immobilie zu erwerben, weil “man” es mir geraten hatte, Geld dort anzulegen. Immer wieder beschlich mich bei dem Gedanken ein ungutes Gefühl, weil ich stets das Gefühl hatte, meine Flexibilität abgeben zu müssen.
Gleiches gilt aus meiner Sicht auch für Geldanlagen, die feste, lange Laufzeiten haben. Der Grund ist für mich simpel: Geld, über welches ich nicht adhoc und frei verfügen kann, ist wertlos. Das Leben ist dynamisch und unvorhersehbar. Ich kann mich heute noch in Sicherheit wiegen, aber mich morgen schon mit einer vollkommen veränderten Situation konfrontiert sehen. Liquidität gibt mir die Chance, mich frei für die für mich beste Option zu entscheiden. Gebunde Mittel verhindern dies.
Ich möchte hier natürlich nicht schwarz weiß malen. Investitionen sind nicht verkehrt, setzen aber immer voraus, dass nach der Investition immer noch genügend liquide Mittel zur Verfügung stehen.
Loslassen
Ich habe lange gebraucht, um für mich zu erkennen, dass ich ein Nomade bin. Ein routiniertes Leben am selben Ort macht mich träge und langweilt mich schnell. Der Besitz vieler materieller Dinge führt dazu, dass ich mich zunehmend weniger in der Lage sehe, mich unkompliziert von Ort zu Ort zu bewegen.
Oft hängen wir an Dingen, weil wir ein bestimmtes Erlebnis mit ihnen verbinden. Wir wissen noch, wie die Situation und wie schön das Gefühl war, als wir beispielsweise die Tasse damals im Urlaub auf Kreta gekauft haben. Wir verbinden das Gefühl mit einem Gegenstand, der aber faktisch nichts damit zu tun hat. Das macht es uns emotional schwer, uns von Dingen zu trennen. Auch mir fällt das meist sehr schwer, wenn ich nicht gerade einen Moment habe, in dem ich es vollkommen verstanden habe, dass dieser unsinnige Kontext nur etwas ist, was mir mein Kopf vorgaukelt. Wenn ich mich von den materiellen Dingen unfrei fühle und der Drang gerade stark ist, mich davon zu befreien, dann funktioniert die Reduktion auf das Wesentliche richtig gut. Und das Gute ist: ich fühle mich danach nicht wehmütig oder traurig, sondern befreit und wieder ein Stück freier.
Vergangenheit ist Vergangenheit. Sie kommt auch durch materielle Dinge nicht wieder zurück; so sehr wir uns das vielleicht manchmal auch wünschen. Aber sie hindern uns daran, den Weg weiter zugehen und im Hier und Jetzt zu leben. Ich denke, das Leben ist ein Weg und kein Zustand. Je mehr wir erleben, desto besser können wir uns entwickeln. Leben bedeutet Veränderung. Es gibt soviel zu entdecken, dass wir eigentlich gar keine Zeit haben, uns an die Vergangenheit oder eben Dinge aus der Vergangenheit zu klammern. Loszulassen ist zumindest nach meiner Erfahrung ein sehr befreiendes Gefühl, was die Möglichkeit neuer toller Erfahrungen erst eröffnet.
Erkenntnis
Je öfter ich in die Welt hinauszog und einige Zeit an anderen Orten verbrachte, um zu erfahren wie sich das Leben in anderen Ländern anfühlt, desto mehr bemerkte ich, wie wenig ich angehäufte materielle Dinge in meiner Wohnung vermisste.
Als wir beispielsweise 2019 für anderthalb Monate mit dem Wohnmobil durch die USA und Kanada reisten, waren wir in Deutschland mit zwei Rücksäcken gestartet und dachten, wir hätten für die Zeit bestimmt zu wenig dabei. Am Ende der Reise stellten wir zwei Dinge fest:
Einen Großteil der Sachen, die wir mitgenommen hatten, haben wir 6 Wochen nicht gebraucht.
Wir haben nichts Materielles vermisst, aber unendlich viele tolle Erlebnisse gehabt.
Als wir 2018 eine Auszeit nahmen und knapp drei Monate in Spanien verbrachten, hatten wir ebenfalls zu viele Dinge im Gepäck, die wir am Ende nur von A nach B und wieder zurück transportiert hatten.
Die aufregendsten Momente und Abenteuer fanden eben nicht statt, wenn ich von Besitz und vielen unnützen Dingen umgeben war, sondern wenn ich rausgegangen bin, mich frei fühlte und den Augenblick genießen konnte.
Besitz bindet. Viele Menschen glauben, dass es nicht geht, sich von Dingen zu lösen, weil man ja mal dafür Geld ausgegeben hat und vielleicht deswegen auf etwas anderes verzichtet hat. Das Leben ist aber ein Weg, nicht an einen Ort mit gekauften Dingen gebunden und in jedem Falle endlich. Was bringt es also, Dinge zu besitzen und zu horden? In jedem Fall hindert es die meisten Menschen daran , flexibel und spontan zu agieren, weil materielle Dinge oft Verpflichtungen auslösen.
Als ich vergangenes Jahr zu Weihnachten nach Deutschland reiste, hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit meinen Eltern. Nach einiger Zeit hörte ich immer mehr heraus, wie groß ihr Sehnsucht nach Freiheit ist. Sie sind beide 70 Jahre alt. Sie stellten sich vor, wie sie ihre Zeit in einem Wohnmobil ohne Druck mit minimalen Verpflichtungen verbringen könnten. Einfach mal nach Andalusien und dann an die Algarve. Aber: es geht eben nicht, weil sie sich ihre Wohnung ja schön gemacht haben und ihren Lohn stets ins schöne, aber eben ein unbewegliches Heim steckten. Die Gelder sind in eine teure Küche und andere Einrichtungsgegenstände gebunden. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich diesen Dingen gegenüber irgendwie verpflichtet fühlen. Es aufzugeben und hinter sich zu lassen, würde ihnen vielleicht das Gefühl von Verlust geben, obwohl sie eigentlich nur gewinnen würden. Nämlich die Freiheit, jeden Tag einfach frei zu entscheiden und zu entdecken.
Mich hat dieses Gespräch jedoch ein weiteres Mal bestätigt, dass zumindest mein Glück in der minimal möglichen Anzahl an Verbindlichkeiten und Abhängigkeiten liegen kann. So werde ich weiter an meiner 2-Koffer-Idee arbeiten. Am Ziel bin ich noch lange nicht. Aber ich weiß einmal mehr, dass dieser Weg der richtige für mich ist.
Was meine 2-Koffer-Idee ist, werde ich in meinem nächsten Beitrag erzählen. Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf den Folgebeitrag von Ralf.