Sparen ist Wohlstand
Es läuft etwas eklatant falsch. Der Exportweltmeister, das Power House der EU geht auf Sparflamme.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wendet sich an die Bevölkerung mit der Bitte: Verbrauch mal weniger!
Wer erinnert sich noch an den Sinneswandel bei der Post? Der steht für Fortschritt. Beim Ministerium läuft es umgekehrt.
Wohlstand ist, wenn man sich aus einem Mangel in die Fülle entwickelt. Mangel macht keine Freude, Fülle macht Freude.
Die Energiesparkampagne jedoch will den Mangel als Freude an den Bürger bringen. Da ist ein Strahlen bei den Protagonisten, das selbst Zahnpasta-Hersteller neidisch machen kann.
Wo gespart werden soll, herrscht Mangel. Das ist nicht zu leugnen. Mangel ist das Gegenteil von Wohlstand. Durch Deutschland soll also ein Ruck gehen, ein Ruck zurück, ein Rückzug.
Der Ansatz der Regierung kommt von zwei Seiten: einerseits gibt es Pflichten zum Sparen…
…andererseits soll ermuntert werden zum Sparen. Ohne Sparen gehts aber nicht. Und zwar bei den Haushalten. 80+ Millionen sollen mit Freude sparen.
Und was hat das für eine Auswirkung? Geringe, wenn überhaupt.
Haushalte machen beim Stromverbrauch ca. 28% aus. Wenn die durch Umluft statt Backofen vorheizen und andere Kleinigkeiten 10% Energie (Strom) einsparen, dann hat das marginale 3% Auswirkungen auf den Stromverbrauch im Land. Selbst wenn sie 20% sparen sollten, wie es die Bundesnetzagentur fordert, wäre der Energieverbrauch um nur 6% reduziert. Spaß versteht man dort allerdings nicht:
“[U]m Arbeitsplätze zu sichern, halte [man] Sparmaßnahmen für private Haushalte für legitim, solange sie nicht den geschützten, lebensnotwendigen Bereich berührten. Dies könne auch vom Gesetzgeber verordnet werden.”
Dass die “Sparquote” der Bürger gar nicht hoch sein kann, ist egal. Es geht um etwas Größeres. Mich erinnert das an die Heimatfront:
Die Regierung schwört die Bevölkerung auf einen Krieg ein. Einen Krieg, den die Bevölkerung natürlich nicht will — aber unter dem sie leiden wird. Die Regierung hat eine Agenda und nun muss das Volk dahinter in Linie gebracht werden.
“Stehen bürgerliche Interessen im Widerspruch zu polit-ökonomischen, tendiert man dazu – anstatt die Maske des Fürsorgestaates fallen zu lassen und somit selbst zum Schrecken zu mutieren – Umstände zu erfinden, die das gewünschte Handeln durch Unterdrücken bestimmter Bedürfnisse von selbst bezwecken.”, Lilly Gebert
Fröhlich soll es dabei bleiben, wenn irgend möglich. Der Rückschritt aus dem Wohlstand soll als Fortschritt erfahren werden. “Opfer” darf man den Rückschritt nicht nennen. Das passt nicht mehr zum Zeitgeist. Besser er kommt munter daher.
Die Propaganda wechselt ihr Gesicht — Propaganda bleibt sie jedoch.
Nach COVID-19 ist jetzt Krieg. Und was kommt nach dem Krieg? Es geht weiter wie bisher. Es ist und bleibt der Ausnahmezustand. Darum geht es!
Der Ausnahmezustand muss regieren, weil nur er noch Legitimation für die Politik bringt.
Ohne Ausnahmezustand ist der Politiker nämlich nichts mehr außer einem Lobbyhörigen. Das hat die Bevölkerung durchschaut, wie sie die Waschmittelwerbung der 1970er durchschaut hat.
Und so kann Politik heute nur vorankommen bei ihren Zielen, wenn sie die Bevölkerung zurück schreiten lässt. Im Rückschritt liegt die Kraft, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu bannen.
Deshalb ist nach #stayhome jetzt #spareenergie dran. Beides stellt einen massiven Wohlstandsverlust dar — von dem ungewiss ist, ob er je wieder aufgeholt werden wird. “Peak Wohlstand” war wohl in der Dekade von 1989 bis 2001. Damit ist jetzt Schluss.
Im neuen Normal heißt es “Sparen ist Wohlstand”. Welcome to 1984 2022.