Winter is coming! Das hat die Bundesregierung auch schon gemerkt. Sie schließt einen Zwang zum Homeoffice nicht aus. Auch Hallenbäder und andere nicht systemrelevanten “Heizdüsen” sollen geschlossen bleiben. Mir mutet das an wie ein Lockdown 2.0. Denn wo ist die Grenze? Es muss Heizenergie gespart werden? Die Wirtschaft darf natürlich nicht zu sehr leiden. Also sparen, sparen, sparen beim nicht Essenziellen. Aber was ist schon essenziell? Am Ende ist es nicht einmal die Wohnung; denn wenn sich eine Sammelunterkunft besser heizen lässt, dann läge eine gemeinsame Unterbringung der Menschen eines Straßenzuges in Turnhallen oder auch ungenutzten Lagerhallen nahe. Oder? Man darf da keine Denkblockaden haben, wenn es ans Gas geht.
Und selbst wenn das der Regierung im Moment ein bisschen zu weit gehen sollte, bleibt der Eindruck eines Lockdown 2.0 bestehen. Nach Pandemie-Lockdown jetzt Energie-Lockdown. Oder allgemeiner: Rationierung.
Das ist es, was die Regierung seit 2,5 Jahren betreibt: sie rationiert radikal. Kontakt zwischen Menschen wird zugeteilt, wie sie es für richtig hält. Platz wird zugeteilt, wie sie es für richtig hält. Bewegung wird zugeteilt, wie sie es für richtig hält. Gesundheitstechnologie wid zugeteilt, wie sie es für richtig hält. Im Winter wird nun auch Energie zugeteilt, wie sie es für richtig hält.
Nach sozialer Marktwirtschaft ist das Zeitalter der Rationierung angebrochen. Der zentrale Verteiler: die Regierung.
Wie konnte es dazu kommen?
Die Erklärung liegt für mich nicht in widrigen Entwicklungen der Natur oder Russlands. Nein, der Aufstieg des Rationierungsmindset scheint mir eine im Grunde erwartbare und folgerichtige Entwicklung im Verhältnis von Staat zu Volk.
Den Gedanken hat mir eine Beschäftigung mit den Sozial- und Sozialistengesetzen Bismarcks und der weiteren Geschichte eingegeben:
Außerdem lesenswert: Soziale Kriegsrüstung. Militär, militärische Interessen und die Anfänge des Wohlfahrtsstaates in der k.u.k. Monarchie.
Und zur Abrundung: Big Business mit Hitler.
Was mich bei dieser Lektüre angesprungen hat, ist eine tief sitzende Angst der Elite — Regierung + Kapital — vor dem Volk. Die Industrialisierung hatte die Massen mobilisiert. Sie schienen jederzeit außer Kontrolle geraten zu können. Und deshalb wurde auf Befriedung, Kontrolle und Kanalisierung der Energie gesonnen. Dafür war jedes Mittel recht — sogar Krieg.
Dass der Mensch als solcher denen an der Spitze der herrschenden Verhältnisse am Herzen gelegen hätte, ist für mich nicht erkennbar. Menschenwürdiges ist nicht aus Empathie entschieden worden, sondern aus Gründen der Staatsräson und zum Vorteil der Ohrenbläser der Staatsmacht, die nie vom Volke ausgegangen ist.
Es hat seit Gründung Deutschlands keine Demokratie gegeben. Es hat Bemühungen darum gegeben. Es hat Anerkennungserfolge gegeben. Gesiegt hat sie jedoch nie; sie ist im Wesentlichen ein Schauspiel geblieben. Real existierender Sozialismus nach dem Krieg drüben, real existierende Demokratie hüben.
Dieses Schauspiel nun war ausreichend in Zeiten, in denen die Richtung klar war. Solange es tatsächlich keine Alternative gab als anzupacken, um aufzubauen, zu wachsen, wohlständig zu werden und der auszugleichende Mangel für alle evident war, solange war Demokratie ein Selbstgänger. Der gesellschaftliche Friede war einfach zu erhalten. Keine Gefahr für Regierung und Kapital bei Vollbeschäftigung. Rituelle Streik- und Tarifverhandlungsrunden waren so vorhersehbar im Ergebnis wie der Ausgang von Wrestling-Kämpfen.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Entwicklung der Gesellschaft ist kein Selbstgänger mehr. Wer bisher im Karussell im Polizeiauto oder der Feuerwehr saß, am Lenkrad gekurbelt hat und rief “Ich lenke unsere Gesellschaft zum Besten” muss nun erkennen, dass die ganze Zeit schon die Entwicklung im Wesentlichen von selbst abgelaufen war. Friede war nicht gekonnt hergestellt worden, sondern eben Selbstgänger, quasi unvermeidbar, wenn man sich nicht allzu dumm anstellte.
Doch die sich überlassene Entwicklung im Sinne des Kapitals und befeuert von allgemeiner Unersättlichkeit bei erodierten anderweitigen Werten hat nun zu einem Zustand der Welt geführt, in dem nichts mehr klar ist. Die Ungleichheit ist massiv, die Rentenfrage ist ungelöst, der Bankrott des Pflegesystems ist offensichtlich, die Dysfunktionalität der Bildung liegt auf der Hand und das Klima spielt anscheinend auch noch menschengemacht verrückt. Vom Hunger, den Kriegen, der Verwüstung der Welt und der Vermüllung der Meere ganz zu schweigen.
Und so regt sich Unzufriedenheit. Massive Unzufriedenheit fängt an, Massen zu bewegen. Da sind Migratenströme nach Europa, die Staat wie Volk nicht schmecken. Da ist Stillstand bei der Bewältigung der Klimakatastrophe, der junge Menschen und auch ältere zu Millionen auf die Straße treibt. Von wachsender Armut und Ungerechtigkeit ganz zu schweigen.
Es brodelt im Volk. Nach den unmenschlichen Arbeits- und Lebensverhältnissen der Industrialisierung im 19. Jhd. sind es jetzt Lebensunsicherheiten ganz unterschiedlicher Art, die die Menschen aufstehen und zunehmend fordern lassen. Sie fühlen sich betrogen oder zumindest nicht gut geführt.
Das im Blick komme ich zu dieser Interpretation des Handelns der Regierung: Sie will die Situation unter Kontrolle behalten. Neben anderen Gründen scheint mir das ein sehr plausibler in Deutschland wie in China und anderswo in der Welt.
Das Mittel zur Kontrolle ist Zentralisierung der Entscheidung. Entscheidungsfreiheit an der Basis wird massiv abgebaut. Bürger dürfen nicht mehr selbst entscheiden, wann sie sich wo aufhalten, was sie konsumieren, wie sie sich gesund erhalten. Aus sozialer Marktwirtschaft wird zunehmend Planwirtschaft. Zu der gehört die Rationierung, wenn die Planung nicht aufgegangen ist.
Lockdowns und andere Maßnahmen wie in der Pandemie eingeübt haben sich als probate Mittel erwiesen, um die Situation nicht außer Kontrolle geraten zu lassen. Was wäre wohl aus den Fridays for Future geworden, wäre Corona nicht mit einer Blutgrätsche von der Seite gekommen?
Nein, nein, politische Versammlungen, die massenhaft massive Kritik an Regierungen üben könnten, sind zu vermeiden. Dass sich eine Masse organisieren könnte wie unter den Sozialisten und Kommunisten vor 150 Jahren, darf nicht zugelassen werden. Was die Sozialistengesetze unter Bismarck waren, das sind Corona-Verordnungen und -Gesetze 2020+ — und alle weiteren Freiheitsbeschneidungen, egal wie ihre Begründung lautet.
Natürlich gibt es heute auch noch andere Mittel, die Staatsräson zu verteidigen. Wir dürfen uns aber nicht von den Mitteln verwirren lassen. Es geht um den Effekt. Der ist die Ruhigstellung der Massen. Wo Kinder regelmäßig mit Ritalin ruhig gestellt werden zur Erhöhung der Passgenauigkeit zum Schulsystem, da sollte es nicht überraschen, wenn Ähnliches in größerem Maßstab angestrebt wird für ein zappeliges Volk.
Wie lange wird das weitergehen? Bis zum Sturm. Der ist für mich unausweichlich. Die Energie, die sich unter Ruhigstellung mit Lockdowns und anderweitig aufstaut, wird sich entladen. Früher oder später. Auf die eine oder andere Weise.
Es ist ja nicht so, dass es um kurzzeitige Ruhigstellung quasi als Überbrückung ginge, bis eine Lösung implementiert ist. An einer Lösung wird nicht gearbeitet. Denn die kann nur in einer Umwertung aller Werte bestehen, für die derzeitige Regierungen und Kapital(ismus) stehen. Es gibt keine Lösung “von oben”. Sie wäre ein nächster Versuch von zentralisierter Planwirtschaft — die der menschlichen Natur entgegensteht. Vgl. Der Todestrieb in der Gesschichte. Sozialismus ist keine Lösung, egal, wie gut er gemeint ist. Der Grund ist simpel: Sozialismus, Planwirtschaft, Zentralisierung reißen es nicht, wenn die Welt durch Vernetzung immer komplexer wird. Sie sind unterkomplex. Das ist meine Interpretation von Ashby’s Law of Requisite Variety.
Eine Regierung, die allemal nach den auslaugenden Pandemiemaßnahmen weiter und wieder auf Kontrolle setzt, die rationiert, die es besser für alle wissen will und sich an eine reine Lehre hängt, die für all die bunte Menschenvielfalt im Lande gelten soll, legt sich ein Ei. Ein gewaltiges. Jede jetzt hergestellte Ruhe wird zu einer unschönen Entladung führen.
Ja, die Zeichen stehen auf Sturm. Ich war vor kurzem in meiner alten Heimat, der Oberlausitz, In dieser verlassenen Ecke Deutschlands brodelt es gewaltig. Alle wundern sich, warum gerade dort AfD & Co so stark sind. Dabei tragen Deutschland und Europa aktiv dazu bei. Nur ein Beispiel: In den grenznahen Orten gibt es viele Tschechen, die sich angesiedelt haben. Sie beziehen Harz IV, so wie es die EU erwartet. Tja, und dann stellen sich der Tscheche vor den deutschen Arbeitnehmer, der trotz Job finanziell auf dem Zahnfleisch kaut, und erzählt ganz offen dass er jetzt 2 Wochen nach Liberec zum Arbeiten geht.
Ich habe mit einem ehemaligen Schulkameraden geredet, der sich sicher ist, dass eine Art Aufstand nicht mehr allzu weit weg ist. Die Politik suhlt sich bei der Eröffnung der Teilstrecke einer Landstrasse, während ganze Ortschaften dem Verfall preis gegeben sind.
Lieber Ralf, ich stimme dir nicht in jedem Detail vollkommen zu, aber generell hast du gute Argumente. Wir werden uns verabschieden dürfen von einem "es wird so sein, wie es immer war". Eigentlich wäre es an der Zeit, dass ein Supervulkan ausbricht und die ganze Menschheit ausrottet, mitsamt jedweder Religion und Gesellschaftsordnung. Für den Planeten wäre es jedenfalls das Beste.
Viele Grüße von Norwegen nach Bulgarien :)