Wie die Welt genau ist, weiß ich auch nicht. Dass sie aber anders ist, als meistens von den meisten behauptet, glaube ich mit jedem Tag fester.
Mit “wie die Welt genau ist”, meine ich natürlich nicht die naturgesetzliche Welt von Physik oder Chemie. Ich meine auch nicht die Welt “vor meinen Füßen”. Die unmittelbar wahrnehmbare Welt nehme ich so hin, wie ich sie erlebe oder man mir sie in einem naturwissenschaftlichen Lehrbuch vermittelt. Das ist gut genug für mich, auch wenn ich weiß, dass ich optischen Illusionen unterliege oder biologische Mechanismen vielleicht erst vorläufig klar sind.
Nein, ich meine die Welt der Gesellschaft und Politik. Ich meine die Welt, die wir als Menschen wirklich zusammen willkürlich konstruieren. Diese Welt nehme ich nur in einem kleinen Ausschnitt selbst wahr - und den Rest muss ich mir zusammenreimen aus dem, was ich durch Medien vermittelt bekomme.
Ich meine also die Welt, die interessengeleitet entsteht und von der interessengeleitet berichtet wird.
Diese Welt ist nicht, wie “man” vorgibt, dass sie sei.
Wer ist “man”? Das ist für mich der Komplex all derer, die sie mitgestalten im eigenen Interesse, aber nicht wollen, dass andere erfahren, wie das genau aussieht.
Gibt es diesen Komplex?
Da bin ich mir sicher. Das ist einfach eine Frage der Wahrscheinlichkeit.
Wie wahrscheinlich ist es, dass die Gestaltungsmöglichkeiten zwischen Menschen und Institutionen auf der Welt sehr, sehr unterschiedlich verteilt ist?
Wie wahrscheinlich ist es, dass nur sehr, sehr wenige viel Gestaltungsmöglichkeit haben und die allermeisten wenig?
Wie wahrscheinlich ist es, dass die, die viel Gestaltungsmöglichkeit haben, diese auch erhalten wollen?
Wir wahrscheinlich ist es, dass die, die heute noch wenig Gestaltungsmöglichkeit haben, morgen mehr wollen?
Wie wahrscheinlich ist es, dass die, die viel Gestaltungsmöglichkeit haben oder wollen, darüber offen sind denen gegenüber, die wenig haben?
Wie wahrscheinlich ist es, dass die mit viel Gestaltungsmöglichkeit nicht demokratisch gewählt sind?
Wie wahrscheinlich ist es, dass die mit viel Gestaltungsmöglichkeit, die doch demokratisch gewählt wurden, wenig Wert darauf legen, dass der Zuwachs ihrer weiteren Gestaltungsmöglichkeit von zukünftigen Wahlen abhängt?
Ich halte alle diese Wahrscheinlichkeiten für hoch, sogar sehr hoch. Deshalb gibt es einen Komplex, der daran interessiert ist, zu erhalten, was ist, oder mehr zu gewinnen, ohne dass denen, die nicht zum Komplex gehören, klar wird, was passiert.
“Gestaltungsmöglichkeit” ist natürlich ein Euphemismus. Wenn ich das Kind beim Namen nennen will, dann muss ich Einfluss und Macht sagen.
Es gibt also einen Machtkomplex.
Von außen und weiter weg mag der monolithisch aussehen. Das ist in gewisser Weise wohl auch so, weil eben das Grundinteresse aller Mitglieder dasselbe ist: Machterhalt und -ausweitung. Egal, welcher Nation oder Corporation oder Ideologie die Mitglieder angehören, darin sind sie sich grundeinig.
Doch wenn man genauer hinschau, gibt es in dem Komplex natürlich Strukturen und Bewegung. Es brodelt. Mal mehr, mal weniger. Mal kohärenter, mal chaotischer.
Die erste Illusion, die dieser Komplex unisono aufbauen will, ist die, dass es ihn nicht gebe. Das funktioniert auch wohl meistens - aber umso weniger, je unzufriedener die Menschen sind; dann werden sie sensibler.
Die zweite Illusion, die der Komplex allerdings in durchaus unterschiedlicher Weise aufbauen will, ist die, dass die Welt so ist, wie es gern die hätten, die keine Macht haben. Was brauchen die, um still weiterzumachen mit ihrem Tagesgeschäft? Das wird der Komplex in mehr oder weniger regionaler, nationaler Ausprägung versuchen zu projizieren.
Klingt das nach einer Verschwörung? Ja, warum nicht? Es sind einfach verhältnismäßig sehr, sehr, wenige, die für sich etwas wollen, was sie den vielen anderen nicht so deutlich aufs Brot schmieren möchten. Indem sie sich darin einig sind, also untereinander in Bezug auf Macht eine höhere Kohäsion haben als mit den vielen anderen um sie herum, bilden sie eine verschworene Gemeinschaft.
Ich finde das nicht konstruiert oder besonders phantasievoll. Das ist für mich das Natürlichste von der Welt. Schon Eltern sind in gewisser Weise gegenüber Kindern manchmal eine Verschwörung, wenn sie etwas für sich selbst wollen, den Kindern aber etwas anderes erzählen. Simples Beispiel: “Oh, schon halb acht! Jetzt aber schnell ins Bett! Kinder brauchen viel Schlaf. Und der Schlaf vor Mitternacht ist der gesündeste.” Dass Eltern das selbst glauben, ist nicht anzunehmen, oder?
Warum sollten Erwachsene mit Macht sich gegenüber Machtlosen anders verhalten? Weil es sich gehört? Weil doch nur gute Menschen auch wirklich Macht haben? Ernsthaft?
Es gibt eine Form von Einfluss, die sich gern zur Schau stellt. Ich halte die jedoch für eine begrenzte und naive. Wer erfahrener ist im Umgang mit Macht und wer größere Macht hat/haben will, der weiß, dass das nichts ist, womit man hausieren geht. Echte Macht ist nichts für die Öffentlichkeit, sondern fürs Hinterzimmer. Echte Macht tauscht sich aus und koordiniert sich vertraulich. Spätestens seit auch in Demokratien Geheimverträge salonfähig geworden sind - z.B. früher TTIP oder jetzt zwischen der Regierung und Pharmaunternehmen -, sollte das auch dem letzten Bürger klar geworden sein.
Bis 2020 war mir das ganz diffus irgendwie schon bewusst. Doch seitdem habe ich mich damit mehr beschäftigt und viel nachgedacht und gelesen. Hier nur einige Bücher der letzten 22 Monate, die mir aus teilweise sehr unterschiedlicher Perspektive überdeutlich gemacht haben: Die Welt ist nicht so, wie sie scheint.
Was in den Büchern im Detail steht an Namen und Beziehungen von und zwischen Menschen wie Institutionen, staatlichen wie nicht-staatlichen… das kann ich unmöglich referieren. Es ist erschlagend. Und es lohnt auch nicht, sich im einzelnen zu merken, denke ich. Nach einer gewissen Zeit zeigen sich aber Muster. Und vor allem wird das Grundgefühl solider: Zu glauben, was in Medien berichtet wird, ist total und komplett naiv. Völlig. Immer. Umso mehr, je politisch relevanter - allgemeiner: je relevanter für Machtinteressen - ein Thema ist.
Die Idee von der unabhängigen Presse ist für mich gestorben. Die gab es nie wirklich, aber das, was vor 2000 da war, hat sich in den letzten 20 Jahren zerlegt. Der Mangel an Kreativität, um mit den Einbrüchen bei Abonnenten und “unkritischen” Werbeeinnahmen umzugehen, ist bodenlos. Und so sind die Medien an den Tropf von “Interessenverbänden” geraten: politische Institutionen und Großsponsoren zahlen und sagen an.
Damit steht die Projektionsfläche für den Machtkomplex jungfräulich zur Verfügung.
Dass social media Plattformen mit ihren APIs und ihrer Angst vor Regulierung und ihrer eigenen Agenda diese Projektionsfläche noch drastisch, nein, totalitär ausgedehnt haben, kommt in der Corona-Pandemie erschwerend hinzu.
Der Schleier ist damit noch enger und dichter um den Kopf des gestressten Normalbürgers herum gezogen.
Wie gesagt, wie die Welt genau ist, welche Agenda wer im Machtkomplex verfolgt, weiß ich nicht. Dass jedoch Agenden verfolgt werden - manche langjährig geplant, andere eher ad hoc und opportunistisch - scheint für mich nun jedoch völlig zweifelsfrei.
Insofern: Man mag mich damit als Verschwörungstheoretiker hinstellen. Ich halte dem aber entgegen: Wer Augen hat zu lesen, der lese. Nachdenken und die “Natur des Menschen” studieren, hilf auch. Und wer dann gelesen und gedacht hat und immer noch an Zufälle und Dummheit glaubt, den würde ich als Zufallstheoretiker oder Verschwörungsleugner bezeichnen. Nur um auch mal ein Etikett aufzukleben.
#medien #politik #gesellschaft
Das Thema Macht und damit Gebiete wie Elite ist nicht neu. Nur ist die Forschung in diesem Gebiet verdammt schwierig.
Siehe das Buch Elitesoziologie von Michael Hartmann. Er beschreibt auch dort die Diskrepanz zwischen den Tatsachen, dass die "Mächtigen" per se nie daran sonderlich interessiert sind, dass man erfährt ob und wieviel Macht sie tatsächlich besitzen. Da nunmal auch die Forschung meist von "Mächtigen" finanziert wird, sind die Budgets für Eliten-/Machtforschungsprojekte entsprechend klein, so dass hierbei nur wenige wahre Forschungsergebnisse zu erwarten sind.
P.S. Wenn du ein VTer bist, dann sind das Michael Hartmann, und Klassiker wie Gustave Le Bon, Gaetano Mosca oder Vilfredo Pareto auch. ;-)