m/w/delirium
Eine simple Frage: Was ist eine Frau?
Das dachte Dokumentarfilmer Matt Walsh und hat diese Frage ganz verschiedenen Menschen gestellt — um verblüffende (Nicht)Antworten zu bekommen. Seinen Dokumentarfilm darüber finde ich sehr sehenswert. (In voller Länge habe ich ihn nur bei Twitter gefunden.)
Er hat mich zum Nachdenken angeregt. Ich bin mir über meine Position zu LGBTQIA+ klarer geworden.
Auch wenn der in der Doku interviewte Professor es nicht so klar formulieren wollte, habe ich mich entschieden, zunächst eine ganz simple Unterscheidung zu treffen: die zwischen Biologie und Psychologie/Soziologie, zwischen Körper und Geist.
Für mich gibt es:
Geschlecht (engl. sex) — Klassifikation: Frau, Mann
Orientierung (engl. gender) — Klassifikation: feminin, masculin
Das Geschlecht ist eine Sache der Biologie. Es drückt sich genetisch und daraus folgend körperlich sichtbar in Form von primären (Genitalien) und sekundären Geschlechtsmerkmalen (z.B. Körperbehaarung, Körperfettanteil, Hormonhaushalt) aus.
Die Orientierung hingegen ist nicht biologisch, nicht körperlich. Sie ist eine Sache, die sich in unserem Geist und Verhalten, “der Einstellung” ausdrückt. Ihre Orientierung signalisieren Menschen in Form von z.B. Kleidung, Körperhaltung, Wortwahl oder auch Rollenwahl.
Das Geschlecht ist also evolutionsbiologisch begründet, die Orientierung kulturevolutionär.
Ich finde diese Unterscheidung so simple wie naheliegend und hilfreich. Einen Doktortitel braucht es dafür nicht. Ich wüßte auch nicht, warum jemand daran Anstoß nehmen sollte. Niemand wird dadurch verurteilt oder ausgeschlossen. Sie ist beschreibend, d.h. ein Analysehilfsmittel.
Entwicklung des Geschlechts
Über das Geschlecht lässt sich seit Darwin nicht mehr rätseln. Wir müssen auf keinen Gott verweisen. Es ist das Ergebnis einer Evolution von Organismen. Der Zweck: eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit der Art.
Männer sind nicht körperlich stärker als Frauen, damit sie Gewinner im Überlebenskampf sind. Sie sollen nicht allein überleben; sie würden auch nur kurzzeitig allein überleben, denn es braucht die Gebärfähigkeit der Frauen, um die Art zu erhalten.
Die Evolution hat zur Ausprägung von Frauen und Männern geführt, weil das für die Art als Ganzes von Vorteil war. Frauen und Männer haben arbeitsteilig für ihre Erhaltung gesorgt. Die körperlich deutliche Unterscheidung hat zu Effizienzen in unterschiedlichen Bereichen geführt, die das Ganze — die Gemeinschaft, die Art — befördert haben.
Zwitter, die sowohl die männlichen wie die fraulichen körperlichen Funktionen unterschiedslos hätten erfüllen können, scheinen keine haltbare Option gewesen zu sein. Abgesehen von sehr seltenen Launen der Natur kennen wir sie nicht beim Menschen.
Die biologische Evolution hat sich also zu einem klaren Dualismus von Mann und Frau “gedrängt gefühlt”. Das ist unsere körperliche Realität. Immer noch. Trotz zunehmender Technisierung und Urbanisierung werden die allermeisten Menschen noch als eindeutige Männer bzw. Frauen geboren.
Entwicklung der Orientierung
Bei gegebenen Geschlechtern hat sich allerdings auch ein kultureller Ausdruck dieser entwickelt. Menschen lebten immer schon in kleinen, dann wachsenden Gemeinschaften, heute in riesigen Gesellschaften. Ab einem gewissen Punkt ihrer Zivilisation schien es wohl opportun (oder zumindest nicht schädlich), den zwingenden biologischen Merkmalen frei bestimmbare weitere hinzu zu addieren. Warum? Vielleicht, weil biologische Merkmale eine Unterscheidung nahegelegt haben — z.B. urinieren Frauen anders als Männer und menstruieren; das könnte zu anderen Ausprägungen der Unterleibskleidung geführt haben —, vielleicht weil die aus der Biologie folgende Rollenverteilung in Gemeinschaften von einer Betonung profitiert hat?
Ich weiß nicht, was genau zu welchem Signal zur Unterstreichung des Geschlechts geführt hat. Aber es ist klar erkennbar, dass das Geschlecht in allen Kulturen durch Signale moduliert und hervorgehoben wird. In allen Kulturen haben sich Menschen auf der Basis ihres Geschlechts auch noch orientiert. Ihre Orientierung kennzeichnet ihr Geschlecht.
In manchem ähneln die Orientierungen sich über Kulturen hinweg, in manchem sind sie sehr verschieden. Die Welt ist eben bunt.
Damit will ich nicht sagen, dass irgendetwas an der Orientierung zwangsläufig wäre. Im Gegenteil! Orientierung ist gemacht, gewählt. Sie könnte immer auch völlig anders aussehen. Ob ihr Ausdruck mehr durch das Klima oder die Umwelt oder die Machtverhältnisse einer Gemeinschaft/Kultur getrieben ist, will ich dahingestellt lassen. Das zu erforschen, finde ich durchaus spannend.
Klassifikation
Historisch gesehen haben Menschen bis vor einer Sekunde daran nichts auszusetzen gehabt. Es war, wie es war. Sie haben sich als Frau oder Mann identifiziert.
In Stellenanzeigen wurde das ausgedrückt durch (m/w) oder besser durch (m/f), um bei den Geschlechtsbezeichnungen Mann und Frau zu bleiben.
Doch das genügt jetzt anscheinend nicht mehr. Die Menschen sind “aufgewacht” und schauen genauer hin. Sie unterscheiden nun feiner. Waren bisher Geschlecht und Orientierung angeboren bzw. kulturell fixiert und deshalb kongruent und nicht unterscheidungswürdig, ist das heute anders.
Um den Kopf über Wasser zu halten in der Genderdiskussion lohnt sich deshalb eine spezifischere Klassifikation. Ich schlage ein Tupel bestehend aus (Geschlecht, Orientierung) vor:
(F,f): Die Frau mit einer femininen Orientierung.
(M,m): Der Mann mit einer maskulinen Orientierung.
Diese beiden Tupel stehen für die bisherige Sichtweise. Geschlecht und Orientierung “stimmen überein”, sind kongruent.
Mit dieser Differenzierung ist es nun aber möglich, zwei weitere Tupel zu bilden:
(F,m): Die Frau mit einer maskulinen Orientierung
(M,f): Der Mann mit einer femininen Orientierung
Aus evolutionärer Sicht ist das natürlich ungewöhnlich bis widersinnig. Aber warum sollte es deshalb “unmöglich” sein? Kultur ist, was gefällt.
Wenn (M,m) und (F,f) in der bisherigen, vor allem biologischen Evolution, die erst historisch seit kurzem zu Kultur als weiterer Überlebenstechnologie geführt hat, natürlich und von Vorteil war, halte ich es theoretisch für möglich, dass bei weiterer kultureller Evolution, Variation nicht hinderlich, ja, womöglich sogar förderlich sein mag.
Ich will nicht darauf bestehen, dass nur (M,m) und (F,f) “das einzig Wahre” sind. Wir haben uns in so vielerlei Hinsicht vom Körperlichen gelöst — was wir zu uns nehmen, wo und wie wir leben —, dass die Entkopplung von Geschlecht und Orientierung mir durchaus konsequent erscheint. Irgendwie. Als theoretische Möglichkeit zumindest. An der Idee ist nichts Verwerfliches — aber ob sie wirklich funktioniert?
Das neue Primat der Orientierung
Ohne ausgreifende Kulturtechnologie hat das Geschlecht ganz klar das Primat. Es hat sich genau deshalb herausgebildet. Am Geschlecht richtet sich das Verhalten der Menschen in “natürlicher Umgebung” aus. Je weiter Menschen nun aber der Natur entrücken, desto unabhängiger machen sie sich auch von ihrem Geschlecht.
Ohne Technologie sind Männer z.B. besser ausgestattet, zu kämpfen oder Lasten zu tragen. Frauen sind sogar einzig für die Versorgung mit “Nachschub” für die Gemeinschaft ausgestattet: nur sie können neue Mitglieder gebären.
Mit wachsenden technologischen Mitteln, immer entfernter von natürlichen/ursprünglichen Verhältnissen, zunehmend in “nicht artgerechter Haltung” bietet das Geschlecht jedoch immer weniger Vorteile. Für die Versorgung ist nicht mehr Muskelmasse, sondern Bildung entscheidend. Frauen können genauso gut Lasten bewegen wie Männer mit Hilfe von Gabelstaplern, Kränen, Lastwagen. Frauen können sogar befruchten, wie es früher nur Männer konnten: Reproduktionsmedizinerinnen führen Sperma Eizellen zu. Für das Überleben in wachsenden technologischen Gemeinschaften haben Frauen alles, was es braucht. Die geschlechtlichen Unterschiede befördern keine überlebensnotwendige Arbeitsteilung mehr.
Einzig das Gebären ist bisher den Frauen noch vorbehalten. Wir werden aber wohl sehen, wie lange dieser “USP” für Frauen noch bestehen bleibt und ob Männer “Gebärmutterneid” entwickeln, wo Frauen angeblich doch einen Penisneid hegen.
Bei schwindender biologischer/physischer Determination unseres Schicksals als Art und zunehmender kultureller Determination, scheint es mir naheliegend, dass auch die Bedeutung des Geschlechts über das “Unvermeidliche” hinaus — die Gebärfähigkeit — abnimmt.
Eine stärker werdende Isolierung von “der Natur” führt durchaus konsequent zu einer steigenden Betonung von kulturellen Unterschieden, also der Orientierung. Die Orientierung übernimmt den Staffelstab vom Geschlecht. Die Orientierung erhält das Primat und definiert die Identität.
Das beginnt mit einer Entkopplung von Geschlecht und Orientierung, so dass (M,f) und (F,m) möglich werden. Doch warum bei (*,f) und (*,m) stehenbleiben? Warum die Orientierung noch irgendwie in Bezug setzen zum Geschlecht?
Konsequent endet diese Entwicklung in (*,x). Die Orientierung ist völlig unabhängig vom Geschlecht, völlig. Ich wähle “x” als Symbol wie in der Mathematik. Dort ist x der Wert, der beliebig eingesetzt werden kann in einer Funktionsgleichung wie y=f(x).1 x ist die unabhängige Größe.
Und so ist es auch bei weiterer Entkopplung von der menschlichen Lebensweise: die Orientierung kann nach belieben eingesetzt werden. Sie unterliegt keiner Kopplung mehr ans Geschlecht.
Menschen können sich dann orientieren, wie es ihrem persönlichen Fortkommen nützt. Ihr soziales Überleben steht im Vordergrund, wenn die Zivilisation sie vom Ursprünglichen, den Naturgewalten maximal abschirmt. Strom kommt aus der Steckdose, Gemüse aus dem Supermarkt, Geld vom Staat, Wärme aus der Heizung. Wozu braucht es da noch die Natur? Die Kultur richtet doch alles trefflich ein.
Die Frage, die sich Jugendliche nicht erst morgen stellen mögen geht also über “Will ich feminin oder maskulin sein?” hinaus. Wer sich als Ratte oder Tulpe orientieren möchte… der kann das gern tun — allerdings mit einigen erwartbaren Nachteilen.
Am besten wird der eigenen Orientierung also gleich ein ballastfreier Name gegeben. ChatGPT hilft gern:
Wer möchte nicht (F,lumina) oder (M,aleth) sein? Es gibt unendlich viele Orientierungen zu entdecken. Oder?
Das irritierende Geschlecht
Wunderbare Welt der Orientierung — wenn, ja, wenn da nicht das Geschlecht wäre. Und die Normalverteilung.
Was Menschen noch mehr lieben als die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit ist Vertrauen zu anderen. Erst wenn wir uns sicher aufgehoben fühlen bei anderen, erlauben wir uns, uns zu entfalten.
Wir sind dafür ausgestattet, in Bruchteilen von Sekunden andere Menschen einzuordnen: darf ich vertrauen oder nicht? Das führt natürlich auch zu Fehleinschätzungen und Vorurteilen. Umso mehr, je häufiger wir auf uns unbekannte Menschen stoßen — oder solche, die Muster/Normen durchbrechen. Im Schnitt jedoch funktioniert die Einschätzung ganz gut. Denn es gibt ja eine Normalverteilung.
Weil Menschen eben nicht alle komplett verschieden sind, weil Vertrauenswürdigkeit nicht zufällig verteilt ist, sondern kulturell mit äußeren Merkmalen korreliert, können wir uns eine Schnelleinschätzung erlauben, um anschließend unser Urteil zu verfeinern.
Kultur ist auch eine Sammlung von Regeln, um Menschen anhand von Äußerlichkeiten einschätzen zu können. Wir wollen uns zu anderen in Beziehung setzen. Deshalb senden wir Signale aus — dazu gehört unsere Orientierung. Und dazu gehört auch das Geschlecht.
Bisher waren Geschlecht und Orientierung auf einander abgestimmt. Das war Normalverteilungsnormal. Darauf sind wir konditioniert.
Natürlich hat sich über die Jahrhunderte und Jahrtausende verändert, wie Orientierung signalisiert wird. Traditionen entwickeln sich, Moden wehen über Gesellschaften hinweg. Das hat immer mal wieder zu Stirnrunzeln geführt, doch letztlich haben sich die Menschen angepasst. In der Veränderung gab es ja auch eine Konstante: Geschlecht und Orientierung waren stets kongruent.
Weder sind Geschlecht und Orientierung entkoppelt worden, noch sind neue Signale der Orientierung von alten komplett abgerissen. Es herrschte Kontinuität im Wandel — bis jetzt. Damit können Menschen umgehen.
Doch was nun geschieht, scheint mir eine andere Qualität zu haben. Das ist wirklich und sehr grundlegend neu: Geschlecht und Orientierung sollen entkoppelt werden. Sollen, denn es ist nicht einfache eine Beobachtung, sondern schon eine politische Forderung.
Dass Geschlecht und Orientierung unter Spannung stehen können, ist bei Homosexuellen offensichtlich. Schwule Männern signalisieren häufig feminin, lesbische Frauen maskulin. Dennoch leugnen sie nicht ihr Geschlecht und meistens auch nicht grundsätzlich eine dazu passende Orientierung; “nur” die Präferenz für Sexualpartner als Teil der Orientierung ist anders als nach Geschlecht zu erwarten.
Schon das hat allerdings in vielen Kulturen und über die Geschichte zu Irritationen und Gewaltausbrüchen geführt. Menschen mögen nur sehr begrenzt, dass man ihre Erwartungen an Signale — biologische wie soziale — nicht erfüllt. Sie hassen es, wenn ihre geölte Beurteilungsmaschine gestört wird.2 Sie wollen eine solide “Freund-Feind-Erkennung”. Zügiger Vertrauensaufbau ist essenziell für ein flüssiges und gesundes Miteinander.
Das nun torpedieren die Forderungen einer (scheinbar) wachsenden Zahl von Menschen: Sie wollen nicht nur völlig frei sein bei der Dissoziierung ihrer Orientierung von ihrem Geschlecht.
Sie wollen sogar ihr Geschlecht vom Geburtszustand lösen. Dafür greifen sie zu allem, was Ihnen Medizin und Pharmaindustrie für gutes Geld bieten. Und das ist täglich mehr.
Doch die totale Verwandlung von (F,f) über (F,m) hin zu (M-,m)3 kostet Zeit und ist auch nicht immer lückenlos.
Was also notwendig und mindestens temporär entsteht ist eine Chimäre: ein Mensch, der seiner Umwelt zwei unterschiedliche Sachverhalte signalisiert. Das irritiert umso mehr, wenn das Geschlecht für andere unmissverständlich ist und die Orientierung davon drastisch, gar ostentativ abweicht.
Mit dieser Dissonanz können Menschen nur schwer umgehen. Sie wollen es auch nicht. Sie erwarten für ein ruhiges Leben, das schon schwer genug unter Bedingungen normalverteilter Geschlechtsorientierung zu erreichen ist, keine Gender-Herausforderung; sie wollen nicht noch zusätzlichen Stress, der entsteht, wenn ihre Erwartungen an das Natürlichste der Welt massiv unterlaufen werden.
Weder wollen die Menschen, dass sie ihre “Beurteilungsmaschinen” neu kalibrieren müssen, noch wollen sie ihre ganz normale Erwartungshaltung hinterfragen müssen, noch wollen sie sich Gedanken machen, wohin eine solche Erosion des Normalen ultimativ führen könnte.
Die Orientierung ist per Definition fluide. Das war sie kulturell immer wenn auch in einer meist bekömmlichen Trägheit. Doch sie floss in einem stabilen Bett: dem Geschlecht.
Das soll nun vorbei sein. Deshalb ist das Geschlecht irritierend, wenn es von der Orientierung deutlich abweicht.
Wer würde das nicht verstehen?
Wohin führt das?
Weiterentwicklung, Anpassung ist sicher eine gute Sache. Eine gelegentliche Irritation ist auch nicht zu verachten; sie hält aufmerksam.
Aber ob diese massive Veränderung in dieser Geschwindigkeit eine gute ist? Ich bezweifle das.
Damit will ich niemandem das Recht absprechen, seine Orientierung zu wählen und auch das Geschlecht zu wechseln. Wer als geborener (M,m) aus sich eine (F-,f) machen will, soll das gern tun. Ich will auch erstmal gar nicht spekulieren, ob das ein gesunder Wunsch ist oder einer psychopathologischen Störung entspringt.
Allerdings: Wer das für gesund hält und sich seinen Wunsch erfüllen will… muss dann mit allen Konsequenzen auch selbst zurecht kommen.
Dass Krankenkassen die einmaligen und lebenslang nötigen Maßnahmen bezahlen, fände ich gänzlich ungerechtfertigt. Es liegt ja keine Indikation durch eine Krankheit vor. Jedem sein teures Hobby. Die einen leisten sich einen Ferrari, die anderen ein anderes Geschlecht. Die Welt ist bunt.
Wenn wir bei der Trans-Bewegung über freie Entfaltung der Persönlichkeit reden, dann hat die Gesellschaft gar keine Pflicht, bei dieser Entfaltung zu unterstützen. Toleranz, Akzeptanz sind angezeigt. Nicht mehr, nicht weniger.
Außer… dass eben Akzeptanz schwer fällt, wenn die Signale so gegen das tief in Kultur und Denken Eingegrabene der Normalverteilten gehen. Irritation, Konflikt, Widerstand sind vorprogrammiert. Niemand muss Transgeschlechtlichkeit mögen. Tolerieren ja, aber nicht mögen oder gar unterstützen. Wer sich dafür entscheidet, ist besser mit robustem Gemüt gesegnet.
Wenn nun auf solch erwartbare skeptische bis ablehnende Reaktion eine Forderung trifft, dass die nicht sein dürfe… dann ist das sozialer Sprengstoff. Niemand lässt sich gern sagen, dass er nicht fühlen dürfe, wie er es tut. Umgekehrt verbitten sich Trans-Menschen das ja auch.
Ja, ich sehe in der Lautstärke, der Vehemenz, der Moralisierung der Trans-Bewegung ein großes Problem. Sie verhält sich gänzlich kontraproduktiv. Mit Macht — auch mit Unterstützung der Regierung — lässt sich die Normalverteilung nicht so verändern, wie sie es gern hätten. Ich denke, auch hier wird am Ende gelten: Culture eats strategy for breakfast. Oder vielleicht sogar noch grundlegender: Biology eats culture for breakfast.
Selbst die Homosexualität ist noch nicht vollständig in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Darüber sollte die Möglichkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe nicht hinwegtäuschen. Innerhalb der deutschen Gesellschaft gibt es noch unterschiedliche Meinungen, allemal gibt es in der EU dazu unterschiedliche Meinungen.
Doch die Homosexuellen haben es aus meiner Sicht besser gemacht, vor allem langsamer. Steter Tropfen hat den Stein gehöhlt. Ihr Vorteil war auch, dass sie die ursprünglichen Tupel im Wesentlichen unangetastet ließen. Wenn hier und da eine Drag Queen aufgetreten ist, dann war das für die Heterosexuellen eher Karneval denn Bedrohung.
Die Trans-Gender-Bewegung hingegen will alles und zwar sofort. Das scheint mir gesellschaftlich sehr problematisch. Es treibt einen Keil zwischen die Menschen. Und das ist das Letzte, was die Gesellschaft jetzt braucht, die ohnehin schon in anderen Fragen gespalten ist: Migration, Corona, Ukraine, Klimapolitik, Wirtschaftspolitik… Unversöhnlicher könnten die Lager kaum sein.
Ganz davon zu schweigen, dass eine Ausbreitung der Trans-Gender-Bewegung der demographischen Entwicklung keinen positiven Impuls geben kann.
Ich will den Gedanken nicht abtun, dass flüssige(re) Geschlecht-Orientierung-Kombinationen eine konsequente kulturelle Weiterentwicklung darstellen könnten. Der Mensch, der sich zunehmend von “der Natur” entfernt, der sich in Städten zusammenballt und vom Ursprünglichen isoliert, muss vielleicht zwangsläufig auch den Kontakt zwischen Geschlecht und Orientierung verlieren.
Vielleicht ist daran sogar etwas Positives? Denn in welche Abgründe die starren Tupel (M,m) und (F,f) die Menschen geführt haben, bezeugt die Geschichte. Vielleicht hat diese “Konfiguration” ausgedient. Sie war passend für den Weg aus der Steinzeit raus ins Wasserklosett-Zeitalter. Doch um weiter zu kommen und als Art zu überleben, braucht es vielleicht neue Kombinationen? Vielleicht sollte der urbanisierte Mensch nicht auf dem Überkommenen bestehen?
Vielleicht.
Ich weiß es nicht. Aber ich fühle nun mehr Klarheit in dieser Sache, auch wenn ich mir erlaube, weiterhin skeptisch-irritiert zu bleiben. Bis auf weiteres glaube ich, dass es sich um eine Verirrung, eine gewisse Form von (noch) mildem Wahnsinn handelt, der manche Gesellschaften ergriffen hat.
Das mag hart klingen. Doch bei allem “vielleicht”, bei aller Offenheit für mögliche Entwicklungen, bin ich doch der Ansicht, dass die Menschen gut daran tun, wieder näher an “die Natur”, ans Ursprüngliche heranzurücken. Wir leben nicht artgerecht in so vielerlei Hinsicht. Das macht uns krank — selbst wenn es irgendwie die Lebensspanne verlängern sollte. Der Preis für ein immer technologischeres Leben weiter ab von “der Natur” ist hoch. Wir sind zu Astronauten-Organismen geworden, die eingekapselt im All über ihrer “Mutter Erde” (und Muttererde) schweben.
Immer mehr Menschen realisieren das auch. Sie suchen Wege zurück zur Erde, zur “Natur”, auf den Boden der ursprünglichen körperlichen Tatsachen.
Bessere Ernährung, mehr körperliche Bewegung, mehr echte Begegnungen denn auf social media, mehr Bäume statt Beton, bessere Luft… all das sind Bewegungen in die richtige Richtung.
Weg vom Geschlecht und der dazu passenden Orientierung hingegen, läuft dem zuwider. Im Grunde ist die Trans-Gender-Bewegung also anachronistisch, denke ich. Sie ist gegen den Strich gebürstet.
Dass die funktioniert, dass sie sich auf Dauer halten wird, glaube ich nicht. Jedenfalls nicht, solange sie mit Sendungsbewusstsein versucht, die Normalverteilung zu konvertieren. Und wohin Zwangskonvertierungen führen, zeigt die Geschichte zuhauf. Nichts Gutes entsteht daraus.
Ich denke, das ist auch mit dem gemeint, was als non-binary Orientierung bezeichnet wird.
Das halte ich übrigens für einen Zweck der Kunst: Erwartungen zu stören. In einem “safe space”, z.B. dem Theater oder der Galerie. Dorthin gehen Menschen, um ganz bewusst Irritation zu erleben. Sie sind gewappnet und offen, sich verändern zu lassen. Es ist ja nicht gleich “ernst”. Man kann darüber nachdenken und diskutieren, bevor man es in den Alltag übernimmt.
“M-” soll andeuten, dass der Mann eben doch kein geborener ist. Die äußerlichen Geschlechtsmerkmale lassen sich transformieren, sogar der Hormonhaushalt lässt sich durch permanente Gabe von Hormonen verändern — doch die genetische Ausstattung bleibt. Werden die Hormone abgesetzt, fällt der Körper darauf zurück.