How in the hell could a man enjoy being awakened at 6:30 a.m. by an alarm clock, leap out of bed, dress, force-feed, shit, piss, brush teeth and hair, and fight traffic to get to a place where essentially you made lots of money for somebody else and were asked to be grateful for the opportunity to do so?
- Henry Charles Bukowski
Als ich gestern dieses Zitat las, brachte es mich wieder einmal zum Nachdenken. Nicht, dass ich es nicht schon des Öfteren tat. Es ist nicht so, dass mein Wecker 6:30 läutet, aber er klingelt und ich fühle mich täglich genötigt, früh aufzustehen und ins Office zu gehen. Es ist eine Routine. Ich bin nicht so frei, flexibel und selbstbestimmt, wie ich gerne wäre. Das gebe ich offen zu.
Für manch einen mag es sich wie Jammern auf hohem Niveau anhören. Gerade, wenn jemand wie ich, der scheinbar so viele Freiräume hat, sich dann auch noch über fehlende Flexibilität beschwert. Ich beschwere mich nicht. Ich reflektiere. Und ich gebe niemanden die Schuld, dass es so ist, wie es ist. Nur ich kann es steuern und ändern. Dessen bin ich mir bewusst.
Ja, ich bin Freelancer und entscheide selbst, für wen ich arbeite und für wen nicht. Die Projekte kann ich mir zumindest meistens selbst raussuchen. Das ist Selbstbestimmung. Aber ich bin jeweils für einen Zeitraum gebunden, was mir wiederum jedenfalls Spontanität nimmt. Da ich meist mit anderen Menschen zusammenarbeite, muss ich mich weitestgehend an den Rhythmus des Teams anpassen. Das ist nicht dramatisch, versteht mich nicht falsch. Das Problem bin ich selbst. Ich habe es trotz besseren Wissens - so meine ich zumindest- in all den Jahren nicht geschafft, mich in ein anderes Geschäftsmodell heraus zu kapitulieren.
Klar, es gibt Termine. Die halte ich pflichtbewusst ein. Aber ich bin auch ehrgeizig und geißle mich damit selbst. Zu viel Ehrgeiz führt zu Unzufriedenheit. Ich bürde mir zu viel auf und nehme mir damit den Freiraum zu gestalten und den Dingen nachzugehen, auf die ich momentan Lust habe. Ich muss wie die meisten anderen auch arbeiten, um zu leben. Und ich lebe und gebe mein Geld gerne aus. Für Dinge, die Spaß machen. Ich war nie der Sparer, der permanent an morgen denkt und den Lebtag damit beschäftigt ist, etwas zur Seite zu legen. Nee, ich lebe heute und mache die Dinge dann, wenn ich gerade Lust drauf habe. So wenig wie ich ein Sparer bin, bin ich ein Planer. Ich hasse Termine. Es ist mein Wesen, spontan entscheiden zu wollen. Früher wollte ich mich manchmal selbst erziehen und gelobte mir und der Umwelt Besserung in puncto Planung und Pünktlichkeit. Tja, das habe ich aufgegeben und fühle mich besser damit. Ich weiß, dass es nichts bringt, Dinge zu tun, die ich (gerade) nicht möchte. Es führt zu Unzufriedenheit. Tausende Male habe ich schon den Satz gehört: “Andere müssten es ja auch tun.” Ja, ich weiß. Aber auch die anderen haben die Möglichkeit, selbst zu entscheiden. Vielen würden gerne, wenn sie nur könnten. Mein Gott! Wie oft musste ich mir schon anhören, dass ich als Freelancer in einer viel besseren Lage wäre als die, die gerne auch anders leben wollen würden, wenn sie nur könnten und mir dann just hunderte Gründe aufzählten, warum sie nichts ändern können. Nein, die Ausgangsposition für einen Freelancer ist nicht einfacher. Der muss nämlich auch Miete, sehr viele Steuern, Krankenversicherung usw. bezahlen. Und wenn er Urlaub macht und nichts tut, dann bezahlt ihn einfach keiner. Er ist am Ende nicht flexibler als jeder andere. Er kann nur etwas freier entscheiden. Manchmal zumindest.
In meiner Selbstkritik musste ich leider feststellen, dass ich es aus verschiedenen Gründen bis heute selbst nicht geschafft habe, meine Ideen richtig und konsequent umzusetzen. Bezahlte Projekte rufen und ich gebe ihnen immer wieder Vorrang. Es ist so, als hätte ich eine Bezahlschranke im Kopf. Wird etwas bezahlt, dann bekommt es Priorität und ich fühle mich gut, wenn ich Umsatz generiert habe. Es scheint verwurzelt in mir, obwohl es meiner Denkweise vollkommen widerspricht.
Ich habe eine neue Challenge: Ich muss herausfinden, woran das wohl liegt und möchte es ändern. Ich bin der Typ, der die besten Ergebnisse bringt, wenn er die Dinge tut, für die er richtig brennt. Ich brauche Raum und Zeit, die Dinge reifen zu lassen. Ich muss mich treiben lassen können, um dann mit geballter Energie und Überzeugung überragende Ergebnisse abliefern zu können. Damit bin ich mir sehr sicher.
Hört sich vertraut an :-) Das kenne ich gut. Ging mir früher auch so. Inzwischen bin ich da aber raus. Ok, vllt nicht 100%, aber 90% oder so.
Die Sache hat zwei Seiten, denke ich, die miteinander verzahnt sind:
Die eine ist eine pragmatische: Mit wieviel Zeit verdienst du wieviel Geld? Wie kannst du deine Zeit besser organisieren, um deinen Bedarf zu decken. Denn du bist ja erst frei, wenn du immer auch anders kannst - und immer noch deinen Bedarf deckst.
Die andere ist eine persönliche, geradezu spirituelle: dein Bedarf. Was ist dein Bedarf? Wieviel Geld brauchst du wirklich. Wirklich, wirklich und wofür? Wenn du mehr brauchst, als du "in Freiheit" erarbeiten kannst, dann bist du doch gar nicht frei. Du bist dann Sklave deines Bedarfs/Bedürfnisses.
Im Konsum ist das Motto "Das gönn ich mir!" Für all die Arbeit hat man sich etwas verdient, das man sich von dem ganzen Geld dann gönnt. Aber ist der Konsum nicht deshalb ein Folgeproblem? Wenn nicht zuerst die viele Arbeit wäre, müsste man sich auch nicht so viel gönnen.
Beispiel Urlaub: Eine Erfindung des Kapitalismus, der den Vielarbeitern eine Pause zugestehen muss, wenn er länger von ihnen etwas haben will - aber in der Pause sollen sie wenigstens konsumieren. Da gönnt man sich dann Malle oder Mallediven.
Du kannst nun auf beiden Seiten beginnen: Weniger arbeiten und weniger Geld haben und weniger konsumieren - und schauen, was dann so für Gedanken kommen in der freien und konsumlosen Zeit. Oder weniger konsumieren, mehr Geld übrig haben, dann weniger arbeiten, weil du ja für deinen Bedarf zu viel Geld hast.
Setz dich doch mal hin und rechne aus, was dein Lebensunterhalt echt kostet. Wieviel Unabhängigkeit kannst du dir leisten? Könntest du jetzt aufhören zu arbeiten und hättest genug bis an ein angenommenes Lebensende mit 85? Mehr als ein nettes Heim, selbst gekochtes gesundes Essen und eine Prise Entertainment durch Bücher brauchst du ja nicht. Was würde dich das kosten? Hier kannst du berechnen, wie weit du kommst mit dem, was du schon hast: https://www.zinsen-berechnen.de/entnahmeplan.php
Falls es nicht reicht, was ist die Differenz? Ist sie 1000€ pro Monat oder 2000€? Wie lange musst du dafür arbeiten? Mehr Kompromiss/Freiheitseinschränkung musst du nicht eingehen.
Wenn ich einen schlechten Tag habe, dann rechne ich mir aus, dass ich noch 6 Std pro Woche arbeiten "muss". Ich bin ja nur 90% raus aus Hamsterrad und Konsummatrix ;-) 6 Std erscheinen mir allerdings eine erträgliche Zeit und geben Raum, um wählerisch zu sein; ich schränke meine Freiheit also nicht sehr ein. Das würde für mich derzeit passen.
Es ist einfach leicht, sich einen Bedarf einzureden. Jenseits von gesundem Essen, sauberem Wasser, Abstand von (Umwelt)Giften und geistiger Hygiene gibt es aber wenig natürlichen Bedarf, glaube ich. Da ist vor allem Gemeinschaft. Auto, Yacht, Golfclubmitgliedschaft, Fernreisen... das alles ist kein Bedarf aus meiner Sicht.