Heute suche ich nach dem Modell einer perfekten Welt. Ganz ohne Limitierungen. Unendlich frei. Nicht nur physisch, sondern vor allem im Geiste. Ich stelle mir eine Welt vor, welche nahezu frei von dem konditionierten Zeitmuster, von Routinen und den daraus resultierenden Zwängen ist.
Niemand, der in der westlichen Welt bestehen will, ist frei von Zwängen. Die meisten Zwänge laufen unbemerkt und unbewusst ab. Sie stören unseren Alltag nicht. Ganz im Gegenteil: Sie sind sogar förderlich, um im System bestehen und überleben zu können. Gleichzeitig machen sie selbst einen Großteil des Systems aus und tragen zum Erhalt dessen bei.
Über den Begriff Freiheit und seine Bedeutung haben wir hier bereits sehr gesprochen. Dabei ging es oft darum, ein allgemeines Verständnis von Freiheit zu erarbeiten. Heute möchte ich einen Schritt weiter gehen. Meine Gedanken kreisen um die komplette Befreiung des Geistes aus dem konditionierten Korsett.
Und nun, ich tue etwas, was in unserer Zeit absolut verpönt scheint. Ich treffe Annahmen und denke darüber nach, um Schlüsse für mich daraus zu ziehen und zu Erkenntnissen zu gelangen. Das tue ich nur unter Verwendung meiner Gedankenwelt, Ideen, Erlebnisse und Einflüsse. Ich sitze da, denke und analysiere.
Wenn ich an die Entwicklung der letzten Jahre denke, in der öfters die Frage nach der Quelle einer Aussage gestellt wurde, kocht in mir ab und zu die Wut hoch. Ich finde diese Frage äußerst dämlich. Eine derartige Denkweise ist ein Indiz für ausgesprochene Unbeholfenheit und Unselbstständigkeit. Ich kann selbst Annahmen treffen und Schlüsse daraus ziehen, dafür brauche ich nicht zwingend Quellen(angaben). Die Entwicklung einer Meinung sollte direkt und unmittelbar sein und meinem Geiste entspringen. Alle Quellen, auf die ich mich beziehen könnte, sind schließlich auch nur menschlichen Ursprungs. Das bedeutet, irgendjemand hat sich über ein Thema Gedanken gemacht und seine Argumentation schriftlich kundgetan. Für mich ist es selbstverständlich, dass die Inspiration zu bestimmten Überlegungen ihren Ausgangspunkt in der Lektüre eines oder mehrerer Bücher oder Artikel haben kann.
Gut, nun könnte jemand behaupten, Veröffentlichungen seien durch mehrere Personen validiert worden oder die Nachrichten im Fernsehen beispielsweise seien “offiziellen” Ursprungs. Ich muss entgegnen: Was bedeutet offiziell? Doch nichts anderes als den Glauben an eine Instanz, von der man annimmt, sie stehe über dem Individuum.Aber ist dem so? Kennen wir denn immer die Intention einer als “öffentlich” gebrandmarkten Darstellung? Ich denke, Menschen, Institutionen oder bestimmte Gruppen verfolgen Ziele. Wir können nicht davon ausgehen, dass das, was uns als die wissenschaftliche Erkenntnis oder offizielle Wahrheit angeboten wird, grundsätzlich richtig und wahr ist. Wir müssen es nicht als die unsere Sichtweise übernehmen. Wir dürfen zweifeln, selbst ein Bild erzeugen und gerne eine andere Schlussfolgerung daraus ziehen. Leider hat sich aber die Unsitte breitgemacht, dass jeder, der sogenannte wissenschaftliche Erkenntnisse oder das oft damit einhergehende öffentliche Narrativ anzweifelt oder infrage stellt, als dümmlich, ignorant oder als Leugner gesehen wird. Daran haben gerade die “offiziellen” Meinungs- und Stimmungsmacher eine große Aktie. Dabei sollte es im Sinne echter Wissenschaft sein, Dinge immer wieder in Frage zu stellen und von allen Seiten zu beleuchten, um zu besseren Erkenntnissen zu gelangen. Für einen gesunden und offenen Geist ist es jedoch entscheidend, dass die eigene Meinung durch den eigenen Denkprozess entsteht und nicht lediglich aus vermittelten Glaubenssätzen von Institutionen besteht.
Ich glaube, dass wir eigentlich nichts wissen. Institutionen wissen ebenfalls nichts, nutzen allerdings diese Situation, um ihre Ideologien und Glaubenssätze als Wissen und Wahrheit zu verkaufen.
Willkommen in der Matrix. Sie scheint für viele von uns ausweglos. Unser Leben ist gegliedert. Deins, aber auch meins. Das Leben fast aller Menschen der westlichen, sogenannten zivilisierten Welt ist streng strukturiert. Tatsächlich kennen wir offensichtlich nur ein Muster, das uns von klein auf eingebrannt wurde. Wochentage und Wochenenden; Arbeit und Freizeit. Woche für Woche immer dasselbe Muster. Ein Leben lang. Freitag Abend noch schnell die Einkäufe erledigen, damit man dann am Wochenende Ruhe hat.
Das bedeutet nichts anderes, als dass sich die meisten vom Hauptteil ihrer Lebenszeit zyklisch erholen müssen. Es fühlt sich an wie Pflicht und Kür. Durchhalten, bis der letzte Lebensabschnitt eingeläutet wird. Doch was passiert dann? Das Muster hat sich tief eingeschliffen wie das Wasser des Colorado River in den Gran Canyon. Glaubt jemand ernsthaft, dass das Woche-Wochenende- Muster oder 9-to-5-Muster dann auf einmal der Vergangenheit angehört. Menschen werden dem Muster unbewusst weiter folgen. Brot und Spiele fürs Volk wie Fußball findet weiterhin am Wochenende statt. Die eigene Geburtstagsfeier wird ebenfalls fürs Wochenende geplant, weil dann die anderen ja auch ihren Freigang aus dem Hamsterrad haben.
Menschen verhalten sich wie Herdentiere. Es gibt den Herdentrieb, das zu tun, was die anderen auch machen.
Es ist Sommer. Es ist Wochenende. Die Herde läuft ins Freibad, an den See, ans Meer oder den eigenen Pool im Garten. Sie tun dasselbe, was scheinbar alle tun, an diesen beiden Tagen. Der Grund dafür ist, dass wir in einem fixierten Lebenszeit vergeudenden System gefangen sind. Mental gefangen! Wir haben es vorgelebt bekommen und wurden ohne zu fragen martialisch in diese Form gepresst. Uns blieb nie eine Chance, uns dagegen zu wehren. Wenn doch, dann bist du schnell der Außenseiter oder Sonderling. Der Künstler oder Kreative, der kann das vielleicht machen. “Er darf in den Tag hineinleben”, wie mein Vater immer so schön sagte und denen, die nicht gewillt waren, diesem Muster zu folgen, noch den Stempel “Lebenskünstler” aufdrückte.
Oft hörte ich den Satz von ihm: “Es kann ja nicht jeder so in den Tag hinein leben wie du”. Dieser Satz ist stellvertretend für die Denkweise der meisten Menschen in diesem System. Es ist undenkbar, dieses Muster einfach zu durchbrechen. In den Köpfen herrscht die irrationale Angst, dass dann alles zusammen brechen und die Welt im Chaos versinken könnte. Ich kann mir wiederum nicht vorstellen, dass das passieren würde. Dinge würden sich ändern, aber zum Positiven. Menschen ohne zeitliche Limitierungen wären in der Lage, ihre volle Kreativität zu entfalten. Freier und selbstbestimmter. Chaos machen nicht friedliche und selbstbestimmte Menschen, die ein erfülltes Leben anstreben. Spaltung, Machtgerangel und Kriege entstehen, so wie wir es Jahr für Jahr sehen, auf einer völlig anderen Ebene. Aber das Befolgen der Regeln und vorgegebenen Muster bilden die Substanz, dass die Elite (Regierungen, Konzerne und amerikanische Oligarchen) punktuell gewollt Chaos verursachen können. Sie können es, weil die Masse ihr Leben in einem Hamsterrad verbringt, aus dem sie keinen Ausweg sehen. Der Ausweg bleibt außer Sichtweite, weil die Konditionierung auf dieses Muster so stark verinnerlicht wurde, dass es wie ein Naturgesetz erscheint. Ist es aber nicht!
Was auf meinen Vater so wirkte wie in den Tag hinzuleben, war das ganze Gegenteil. Es war das Ausleben von Kreativität und Selbstverwirklichung. Nämlich Dinge zu tun, die mir selbst wichtig erschienen, wie Musikalben zu produzieren, Texte zu schreiben, aber auch Software zu entwickeln. Nur folgte ich nie dem manifestierten Muster von festen Zeiten. Nur, weil ich das nicht in den Zeiten tat und tue, wie es andere gerne hätten, weil es nicht mit ihrer Konditionierung übereinstimmt, bin ich nicht unproduktiv. Ganz im Gegenteil!
Ich habe schon, solange ich zurückdenken kann, eine Abwehrhaltung gegen diese Muster. Sie passen für mich zu einem freien, selbstbestimmten Denken und Handeln. Alles, was ein Mensch tut und was er entwickelt, sollte aus freien Stücken entstehen. Ich weiß, es ist eine Definition von Kunst nach Hegels Ästhetik. Dennoch bin ich überzeugt, dass diese Art des Lebens mit fehlender Quantifizierung und zeitlichen Limits zur wahren Freiheit der Gedanken führt.
Ich glaube nicht, dass die oft angepriesenen Optimierungen in Form von besserer Organisation im Sinne von Effizienzsteigerung, Kosten- und Zeiteinsparungen Ergebnisse verbessern werden. Wichtiger scheint mir, die Schranke zwischen Freizeit und Arbeitszeit aufzulösen, uns zu öffnen und die Blockaden in den Köpfen zu lösen. Sie sind das größter Hindernis und das eigentliche Gefängnis in dem sich jeder von uns befindet. Wenn wir aufhören, an das zu glauben bzw. es als die Wahrheit oder real existierende Welt zu verstehen, was uns indoktriniert wurde, wird die Matrix anfangen zu flimmern und diese auf Schein basierte Welt zusammenbrechen. Ist das schlimm? Ich denke nicht. Die Auflösung der existierenden Blockaden wird zur Selbstbefreiung führen, aus welcher zwangsläufig Glückseligkeit entstehen wird.
> Oft hörte ich den Satz von ihm: “Es kann ja nicht jeder so in den Tag hinein leben wie du”. Dieser Satz ist stellvertretend für die Denkweise der meisten Menschen in diesem System. Es ist undenkbar, dieses Muster einfach zu durchbrechen. In den Köpfen herrscht die irrationale Angst, dass dann alles zusammen brechen und die Welt im Chaos versinken könnte.
Den Satz kenne ich zwar nicht aus eigener Erfahrung, aber ich verstehe, was du meinst. Ja, da ist eine Angst. "Wenn das jeder machen würde?"
Interessanterweise hat niemand gefragt, was passiert, wenn jeder einen 9-5 Job an 5 Tagen/Woche mit 5 Wochen Urlaub im Jahr. Es ist einfach zur Norm entwickelt worden. Und weil es die Norm ist, muss es auch so bleiben. Das ist ja der Sinn von Normen.
Deinem Vater ging es also nicht um eine Kritik an einem tagträumerischen Leben, sondern an der Widerständigkeit gegenüber der Norm. Egal welcher.
Ich finde das einerseits verständlich - aber andererseits natürlich kontraproduktiv. Denn Normen sind ja nur Werkzeuge. Die haben einen Zweck unter bestimmten Bedingungen. Wenn sich der Zweck verschiebt oder nicht erreicht wird oder die Bedingungen sich ändern, sollte das Werkzeug gewechselt werden.
Und was war der Zweck eines 9-5 Jobs mit Wochenende und Urlaub? Industrieproduktion. Die frühere 6-Tage Woche und die heutige 37,5 Stunden Woche sind Resultate von 200 Jahren Arbeitskamp. Sie wurden von Kapital und Politik zugestanden. Mehr nicht.
Der Bauer kennt keine Uhr, sondern Tag und Nacht und einen Kalender und das Wetter. Danach wird gearbeitet, wenn es nötig ist. Wenn da jemand sagt, "Ach, heute male ich mal was, statt die Ernte einzubringen, weil die Frucht reif und das Wetter gut ist.", dann ist das kein Erfolgsrezept. Auf die Frage "Wenn das jeder machen würde?" wäre die Antwort "Hunger!"
Aber ein Bauer arbeitet nicht in einem sozialen System. Er kann nur der Natur folgen. Deshalb ist er nicht unfrei. Es gibt schlicht keine Alternative, wenn er eine Ernte einbringen will.
Der Industriearbeiter früher wie heute oder auch der Knowledge-Worker arbeiten in einem sozialen System. Da kann prinzipiell alles auch anders sein, weil alles nur so ist, wie es ist, weil Menschen es bestimmt haben zu einem Zweck. Fragt sich nur, was dieser Zweck ist.
Bis zu einem gewissen Grad sehe ich einen Zweck aus der Sache heraus: Das Arbeiten im Takt hat eine Synchronisierungsfunktion. Damit wird Arbeit effizienter. Das dient der Kapitalmehrung - von anderen.
Hier in Bulgarien auf dem Lande sehen wir viel weniger von diesem Takt. Die Menschen leben mehr mit dem Sonnenlauf und dem Wetter - und kein Chaos bricht aus. Es gibt auch keine richtige 5-Tage Arbeitswoche. Es wird immer irgendwie gewerkelt. Aber am Sonntag gehen manche zu Kirche.
Es ist schlicht eine Frage des Zweckes bzw. der Prioritäten: Was ist denn eigentlich wichtig? Worum geht es vor allem? Um das Kapital von anderen oder um das eigene Lebensglück?
Wenn sich jeder um sein eigenes Lebensglück zuerst kümmern würde, ja, dann würde sich so manches ändern. Dass Chaos ausbricht, ist jedoch nicht zu erwarten. Vllt gäbe es kein iPhone oder kein SpaceX. Vielleicht aber doch.
Die Freiheit beginnt damit, die Norm zu hinterfragen. Wer sich traut, sich vorzubehalten, ihr zuwider zu laufen, ist frei. Dafür braucht es den Mut, den Kommentare anderer zu ertragen.